Niquets Welt -- Gedanken und Statements zur Börse
Gleich ein doppelter Irrtum
Wieder zurück von ein paar Tagen Abstinenz, muss ich gleich einen doppelten Irrtum bekennen. Dort, wo ich aufgewühlten Rasen erwartet hatte, ist friedliche Ruhe eingezogen, und die Aktien sind weiter gestiegen, als gäbe es tatsächlich etwas zu feiern. Die Stimmung an den Börsen ist gegenwärtig so gut, dass alles andere keine Rolle mehr zu spielen scheint. Warum also nicht mitfeiern, wenn die anderen sich betrinken?! Doch auch beim größten Gelage bleibe ich immer zumindest so nüchtern, dass ich wenigstens noch ein paar Schafe von der Wiese ins Trockene holen kann. Das macht zwar bei Sonnenschein und großer Hitze nicht unbedingt Spaß, sichert jedoch das Überleben in schlechten Zeiten.
Ich bilde mir nicht ein, besonders schlau zu sein beim Herausfiltern der Gründe von Kursaufschwüngen und Abwärtsbewegungen sowie bei der Prognose der zukünftigen Börsenentwicklung. Doch das, was ich gegenwärtig in der Presse lese, ist so dämlich, dass es mich schon körperlich schmerzt. Erst war es die Leitzinssenkung der EZB, die die Kurse treiben sollte, und jetzt hat man sogar das unsägliche Liquiditätsargument wieder ausgegraben. Wahrscheinlich werden uns in der nächsten Woche noch sensationelle Ufo-Funde als die wirklichen wahren Gründe für die Börsenhausse präsentiert.
Ich habe die ganzen vergangenen Tage ausschließlich mit meiner kleinen, bald dreijährigen Tochter verbracht und muss sagen, dass deren Weltbild sich von den Börsenberichten in der Zeitung nur marginal unterscheidet. Ich habe über dieses Thema ausführlicher in meiner neuen Kolumne von NIQUETS SONNTAGSBÖRSE geschrieben, die seit vergangenem Sonntag regelmäßig in der WELT AM SONNTAG erscheint. Deshalb an dieser Stelle nur Folgendes:
Ich würde von all dem, was gegenwärtig über die Börse gesagt und geschrieben wird, nichts, aber auch gar nichts glauben. Aus meiner Sicht haben wir es ausschließlich mit einem Stimmungsphänomen zu tun – einem Massenstimmungsphänomen. Der Zug der guten Laune ist abgefahren und viele, die fest für ihn gebucht hatten, haben ihn verpasst. Weswegen die Platzkarten für den nächsten Zug jetzt zu Höchstpreisen versteigert werden. Wo dieser Zug allerdings hinfährt, weiß keiner der Beteiligten – und kann auch keiner wissen. Das Einzige, was wir alle wissen, ist, dass die Tickets binnen kurzer Zeit um genau 50 Prozent teurer geworden sind.
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liebe Grüße von Coco
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