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Alt 05-06-2003, 21:33   #229
Snowfun
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So, ich spende mal ein paar Infos von FH von letzter Woche.

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Es ist jetzt ungefähr drei Wochen her, dass der Prozess begonnen hat, und
nach der ganzen Zeit, die wir im Gerichtssaal verbracht haben, liegen uns
genügend Indizien und Aussagen vor, um diverse Aspekte des Verhaltens von
JEDEC-Mitgliedern einschließlich Rambus aufzuzeigen. Auf der einen Seite lässt sich
nicht leugnen, dass Rambus über die Erfindung verfügte, die das
Speicherproblem lösen konnte. Andererseits war das JEDEC offenbar eine komplett
funktionsgestörte Familie, in der die meisten Angehörigen nur auf ihren eigenen Vorteil
aus waren; die Beschwerdestelle versucht im Prinzip, Rambus dafür zur
Rechenschaft zu ziehen, dass der Rest der Branche die Errungenschaften des
Unternehmens verwendet hat.

In den Augen einiger – einschließlich der Beschwerdestelle – hat
sich Rambus während seiner JEDEC-Zeit in Bezug auf den Standard unmoralisch
verhalten, denn die Gesellschaft ließ die Industrie nicht wissen, dass sie
Rambus-Patente verletzen könnte ... eines Tages verletzen könnte. Dieser
Sichtweise zufolge spielte Rambus mit der Industrie Katz und Maus, denn das
Unternehmen versuchte seine Patente um Ansprüche zu erweitern, die den Standard
abdeckten, sagte dies aber der Branche nicht, obwohl es das hätte tun sollen. Ein
derartiges Verhalten ist als "arglistig" zu bezeichnen, egal ob die Jagd,
die Rambus veranstaltete, nun wirklich zu Patentverletzungen geführt hat oder
nicht. Laut CAFC enthielten die Patentanträge von Rambus zur Zeit seiner
JEDEC-Mitgliedschaft nichts, das sich auf den Standard bezog, aber diese
Auffassung wird durch das FTC-Verfahren bestritten.

Was wäre, wenn es kein JEDEC gäbe?
Wenn wir das JEDEC aus der Gleichung herauskürzen und nur die Branche an
sich in den Jahren 1991 bis 1996 betrachten (in denen Rambus dem JEDEC
angehörte), dann wissen wir, dass Samsung, NEC und IBM über eine Lizenzierung von
Rambus-DRAM nachdachten, weil ihre SDRAM-Entwürfe sich so langsam zu ähneln
begannen. Praktisch alle Speicherhersteller hatten das komplette Rambus-Design im
Hause, und die beiden Gesellschaften IBM und Siemens (inzwischen Infineon)
verwendeten sogar RDRAM-Datenblätter, um ihre eigenen SDRAM-Versionen zu
entwickeln. Wir wissen, dass Gordon Kelley wegen der Technologie und des
Geschäftsmodells von Rambus besorgt war – genauso wie Willie Meyer, von dem das
berühmte Zitat über die Rambus-Technologie stammt. Im Jahre 1994 schrieb er in
einer Mitteilung:

"Eines Tages werden alle Computer auf diese Weise gebaut
werden, aber hoffentlich gehen dann nicht alle Lizenzgebühren an Rambus."

Mitsubishi sagte, man untersuche die Rambus-Technologie genau, aber das
Unternehmen wollte im Jahre 1993 nicht, dass seine Mitarbeiter darüber sprachen.
Und im Jahre 1997 sandte ein leitender Mitarbeiter von Micron eine Email an
HP, in der er die Vermutung äußerte, Rambus halte Patente auf
Dual-Edge-Taktung.

Vom JEDEC einmal abgesehen, werden die Handlungen von Rambus durch seine
verfassungsmäßigen Rechte als Patentinhaber gestützt, und diese sind nötig, um
die Anstrengungen und technischen Errungenschaften zu schützen.

Eine einzigartige Besonderheit des Falles Rambus ist die Tatsache, dass die
genehmigten Patente, um die hier gestritten wird, auf einer Erfindung
basieren, die Rambus bei dem US-Patentamt schon vor dem JEDEC-Beitritt eingereicht
hat. Deshalb denken wir manchmal, dass die Zeit der JEDEC-Mitgliedschaft
ohnehin nur eine akademische Frage ist.

In unseren Augen rollt dieser Prozess einen Augenblick in der Geschichte
auf, zu dem drei verschiedene Dinge aufeinanderstießen und in der Welt der
Technologie und der Wirtschaft einen wahren Sturm hervorriefen:

1. Die Prozessortechnologie machte weitaus schnellere Fortschrite als die
DRAM-Technologie.
Deshalb brauchten die DRAM-Hersteller eine Lösung, um Schritt
halten zu können.

2. Der Rambusgründer Mike Farmwald überlegte sich, wie man eine Technologie,
die eigentlich nicht zum DRAM gehörte, in den DRAM-Chip integrieren könnte.
So schuf er eine superschnelle DRAM-Lösung, deren Design revolutionär, aber
deren Herstellungskosten hoch waren. Ähnlich wie beim Antiblockiersystem (ABS)
im Automobilbau würde die Herstellung nach den Rambus-Entwürfen durch die
Umstellung der Produktions-Infrastruktur zwar mehr kosten, wäre aber eine
bessere Lösung, die eines Tages auch zum notwendigen Standard werden könnte.

3. Und schließlich ging Rambus nicht aus den Laboratorien von Intel, IBM, Siemens oder Micron hervor, die zusammen über eine Viertelmillion Menschen
beschäftigen. Die Grundzüge wurden von Mark Horowitz und Mike Farmwald auf dem
Küchentisch von Horowitz entworfen; Farmwald hatte die Idee schon einige Zeit vorher gehabt.
Die beiden kamen zu dem Schluss, dass sie ihre Erfindung am
profitabelsten verwerten konnten, wenn sie sie nicht bauten, sondern die Idee
lizenzierten.
Geoff Tate, der CEO von Rambus, zitiert häufig das
Privatunternehmen Dolby, das Standards in der Klanggestaltung gesetzt hat, als Inspiration
für das Geschäftsmodell von Rambus.
Dolby erzielt den Großteil seiner
Einnahmen aus der Lizenzierung seiner Technologie, und die Gründer von Rambus
beschlossen, das Gleiche mit den Speicherherstellern zu versuchen.

Was danach geschah, das ist, wie man so schön sagt, Geschichte. So weit wir
sehen, wusste die Industrie damals nicht so recht, was sie mit Rambus
anfangen sollte, und Rambus hatte keine Ahnung, was es falsch machte (oder nicht
falsch machte).

In Anbetracht der Tatsache, dass aus der ursprünglichen Erfindung 43 Patente
hervorgegangen sind und dass Mark Nussbaum, der Patentexperte der
Beschwerdestelle, in seinen 16 Jahren bei der USPTO (US-Patentamt) nur ein weiteres
Patent gesehen hat, das genauso viele Folgepatente nach sich gezogen hat, gibt
es gute Gründe zu glauben, dass die Industrie die Größe der Erfindung von
Rambus erkannt hat.

Hätte die Industrie die Erfindungen von Rambus weglassen können?
Außer den Zeugenvideos, die wir am Donnerstag sahen, hörten wir auch die
Aussage eines HP-Vertreters. Als ihm Folien von einer JEDEC-Präsentation aus dem
Jahre 2000 vorgelegt wurden, in denen Microns Vorschlag skizziert wurde, die
einstellbare CAS-Latenz bei künftigen SDRAM-Entwürfen wegzulassen, gab er
zu, dass über diesen Vorschlag ebenso nachgedacht worden war wie über den
Vorschlag, die Funktion der Dual-Edge-Taktung wegzulassen.

Die FTC behauptet, die Branche sei quasi dazu gezwungen worden,
Rambus-Erfindungen einzusetzen, und es sei für die Hersteller ein sehr kostspieliges
Unterfangen, sie jetzt wegzulassen. Die programmierbare CAS-Latenz ist jedoch ein
Merkmal, das eher einfach zu beseitigen ist. Dass gewisse Mitglieder
vorgeschlagen haben, die programmierbare CAS-Latenz und andere Teile des Standards
wegzulassen, deutet unserer Meinung nach darauf hin, dass sie sich der Kosten
solcher Änderungen durchaus bewusst waren und sich darum keine großen Sorgen
machten.

In den Zeugenvernehmungen fliegt der Ball ständig zwischen der FTC –
die Rambus als Gesellschaft präsentiert, die das JEDEC über patentierbare Technologien nicht informierte, als es das hätte tun sollen –
und den
Rambusanwälten hin und her, die systematisch auf widersprüchliche Aussagen und
Beweismaterialien hinweisen, wann diese Offenlegungspflicht in Kraft trat und
wie viel die Mitglieder offenbaren mussten.

Wir haben zum Beispiel gehört, die
Offenlegungspflicht umfasse Patente und Patentanträge, auch wenn das Wort
"Antrag" in den vorhandenen schriftlichen Unterlagen nur selten verwendet wird.
Nach wie vor unmöglich zu bestimmen ist der Zeitpunkt, ab dem die
Offenlegungspflicht in Kraft trat. Gemäß den bisherigen Aussagen kommen dafür alle
Zeitpunkte in Frage. Nach der Aussage von Willie Meyer am Donnerstag war die
letzte Gelegenheit für einen Patentinhaber oder einen Patentantragsteller, dies
offenzulegen, die formale Abstimmung über einen Standard.

Rambus ficht die Glaubwürdigkeit von John Kelly, Oberster Rechtsberater des JEDEC, an
Die Anfechtung von John Kellys Aussage bezüglich des Zeitpunktes, ab dem die
Offenbarungspflicht galt, ist ein großer Sieg für die Verteidigung von
Rambus.

Unserer Meinung nach ist Mr. Kellys Auffassung der Vorschriften für die
Argumentation der Beschwerdestelle von maßgeblicher Bedeutung. Er war einer der
wenigen anscheinend unparteiischen Beteiligten, als Rambus dem JEDEC
angehörte, und er war nach seiner eigenen Aussage und den Aussagen anderer die
"zuständige" Person und die "letzte Instanz", wenn es um Gesetze und Vorschriften
ging.
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Gruß
Snowfun
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