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Alt 25-09-2008, 17:18   #889
Starlight
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Ein Buffett macht noch keine Rallye
Donnerstag, 25. September 2008

Wenn Warren Buffett bis zu 10 Milliarden Dollar in die Märkte pumpt, dann sollte das eigentlich zu einer Rallye führen. Tut es aber nicht. Die Wall Street dümpelt am Mittwoch recht lustlos durch den Tag; die Bullen können von dem überraschenden Vertrauensbeweis durch das „Orakel von Omaha“ nicht profitieren.

Das könnte daran liegen, dass sich Buffett zwar für das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket von Bush, Bernanke, Paulson & Co. ausgesprochen hat – dass er aber nicht etwa darauf setzt, sondern auf Goldman Sachs.

Der einstige Investmentriese, die unumstrittene Nummer Eins der Branche mit dem besten Ruf an der Wall Street, ist zwar von der aktuellen Finanzkrise gebeutelt, steht aber immer noch viel besser da als die Konkurrenz. Dass das Unternehmen mitten im Subprime-Boom einen Hedge gegen die Billig-Kredite abgeschlossen hat, fand manch einer zwar verwerflich… doch darauf kommt es im New Yorker Finanzdistrikt längst nicht mehr an.

Vielmehr geht es um nackte Zahlen, und da steht Goldman Sachs einfach besser da als die anderen. Und das hat Warren Buffett inspiriert, in großem Stil einzusteigen. Schauen wir doch hinter den Milliarden-Deal: Die Aktien kosten zur Zeit rund 125 Dollar und damit halb soviel wie vor einem Jahr. Es ist vier Jahre her, dass Goldman Sachs so billig war. Und trotzdem hat sich Buffett noch einen Rabatt von 10 Prozent zusichern lassen, wenn er noch einmal für bis zu 5 Milliarden Dollar Anteile nachkaufen will.

Damit spricht Buffett zwar Goldman Sachs sein Vertrauen aus, und er hofft auf ein Rettungspaket aus Washington. Er sagt aber nicht, dass mit letzterem zu rechnen wäre. Der Markt hat das erkannt, was nach zweitägiger Diskussion vor dem Kongress auch nicht schwer ist. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass die anfangs von den Republikanern bedingungslos geforderten 700 Milliarden Dollar doch nicht so schnell fließen, sondern dass sie mit Haken und Ösen kommen werden.

So müssen die Firmen, denen staatliche Unterstützung zuteil wird, ihre CEO-Boni begrenzen. Sie müssen mehr Transparenz schaffen. Sie müssen Unternehmensanteile an den Staat abtreten. All das ist auch mehr als verständlich, wenn der Staat für zig Milliarden Anlage-Ramsch aus den Bilanzen kauft.

Doch selbst mit den besprochenen Einschränkungen sind Kosten und Nutzen des Rettungspaketes nicht klar. Selbst das Congressional Budget Office, die Bilanzprüfer in der Hauptstadt, kritisiert fehlenden Einblick in die Konzepte. Eine Schätzung der wirklichen Kosten für den Steuerzahler sei zur Zeit nicht möglich, heißt es von Insidern. Vor allem in einem umstrittenen Wahlkampf sind solche Aussagen unpopulär.

Insofern wird es wohl noch dauern, bis ein Retttunspaket aus Washington an der Wall Street eintrifft. Die ständigen Mahnungen von Henry Paulson, dass Eile geboten und ein Eingreifen binnen der nächsten Tage notwendig sei, erhöht das Vertrauen der Anleger nicht. Sie entfernen sich weiter aus dem Markt – und daran kann nicht einmal Warren Buffet etwas ändern.
© Inside Wall Street
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