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Alt 28-08-2008, 18:48   #878
Starlight
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Zwischen Opec, Gustav und John McCain
Donnerstag, 28. August 2008

Kaum ein Faktor kann die amerikanischen Märkte so schnell und so dramatisch bewegen wie der Ölpreis, wenn er überraschend steigt oder fällt. Das ist etwas beunruhigend, denn kaum ein Faktor ist seinerseits so volatil und schwankungsanfällig wie der Ölpreis, denn allzu viele Einflüsse bewegen dessen täglichen Stand.

Da wären zum einen Angebot und Nachfrage. Die meisten Experten glauben, dass diese fundamentale Gleichung hinter den Preisanstiegen steckt, die der Rohstoffmarkt in den letzten Monaten gesehen hat. Vor allem die dramatisch steigende Nachfrage aus China und Indien, aber auch aus anderen Schwellenländern, hat die Preise nach oben getrieben. Die Aussicht auf rasch wachsenden Wohlstand in China, wo in den nächsten Jahren immer mehr Leute eigene Autos fahren werden, dürfte den Trend einige Zeit lang intakt halten.

Zumal das Angebot gleichbleibend ist, wenn es nicht sogar zu sinken droht. Die Opec-Staaten scheinen, Experten zufolge, an der Grenze des Möglichen zu fördern. Mehr ist nicht drin. Doch kann es durchaus sein, dass im Rahmen der ohnehin schon laufenden Krisen Schiffahrtswege wie die Straße von Hormuz zeitweise gesperrt werden oder Förderstaaten im Clinch mit den USA ihre Lieferungen zurückhalten… auch hier drohen also eher Preisanstiege als Nachlässe.

Dann wären da noch die Spekulanten, die immer wieder gerne für steigende Ölpreise verantwortlich gemacht werden. Ihnen wird zuviel Schuld gegeben, zumal doch die Händler gar nicht von hohen Preisen profitieren, sondern vor allem von Volatilität – rasch sinkende Preise würden ihnen also genauso helfen; vorrausgesetzt, sie würden sich entsprechend positionieren.

Seit ein paar Tagen spielen zwei weitere Faktoren auf dem Ölmarkt eine Rolle. Zum einen das Wetter. Nachdem sich der Tropensturm Fay zwar mehrfach an die amerikanische Küste geschlichen, dort aber kaum Schäden angerichtet hat, zittert man jetzt vor Gustav. Der ist mittlerweile zum Hurrikan aufgestuft worden und dürfte sich in den nächsten Tagen im Golf von Mexiko austoben, wo Experten Schäden an Öl-Plattformen durchaus für möglich halten.

Gustav könnte eine Stärke 5 erreichen, wie Meteorologen berrechnet haben. Er wäre dann so stark wie Katrina und Rita im Jahr 2005, die gemeinsam 113 Plattformen zerstört und 457 Pipelines beschädigt haben. Royal Dutch Shell hat seine Plattformen bereits evakuiert, bei BP liegen Notfall-Pläne bereit. Der amerikanische Branchenriese ExxonMobil gibt sich gelassener und sagt, man beobachte die Situation. Vielleicht sind dem Konzern die Männer nicht so wichtig wie ein paar Fass Öl, die man vor dem Sturm noch füllen könnte.

Die Börse wird auf jeden Fall genau auf das Wetter schauen, doch auch den letzten Faktor wird man weiter berücksichtigen: die Politik. Analysten schreiben die jüngsten Kursabgaben bei Öl, und damit auch den billigeren Sprit, den bevorstehenden Wahlen zu. Die Öl-Konzerne, die traditionell den Republikanern nahe stehen, könnten in den nächsten Monaten die Preise niedrig halten, um Präsident Bush und seinem Kandidaten John McCain eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen.

Das klingt abenteuerlich, ist aber durchaus möglich. Für Exxon und Co. wäre es zwar teuer, auf ein paar Cent pro Gallone zu verzichten, doch einerseits sackt man ohnehin Rekordgewinne ein. Und andererseits müssen sie einfach auf McCain setzen. Denn unter Barack Obama wären ihre Steuernachlässe verwirkt.
© Inside Wall Street
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