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Alt 25-08-2008, 18:07   #877
Starlight
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Online auf der Autobahn
Montag, 25. August 2008

Die Autobranche hat es zur Zeit nicht leicht. Vor allem nicht in den USA, wo große Schlitten die Norm und günstiger Sprit Vergangenheit sind. Man lässt sich also einiges einfallen: General Motors etwa gewährt erneut riesige Rabatte, legt Cash drauf und ruiniert sich die Margen – doch die dümmste Idee kommt von Chrysler.

Das Unternehmen, das mit seinen Modellen seit Jahren keinen mehr begeistert hat, sieht sich jetzt als ultimativen Trendsetter und bietet der Informationsgesellschaft den einzigen Luxus, der bisher noch gefehlt hat: Internet im Auto, immer und überall. Einige Modelle der Baureihe 2009 sollen zu Hotspots werden, Passagiere können online gehen – auf dem Parkplatz, beim Einkaufen und auf dem Highway.

Gedacht ist das ganze wohl als Service für die Kids. Die sollen auf dem Rücksitz surfen können, damit die Eltern ihre Ruhe haben. Auch Geschäftsleute auf dem Weg zur Vertragsverhandlung könnten noch einmal kurz ihre Emails checken, während sich der Chauffeur durch die Rush Hour von New York oder Frankfurt quält.

Doch gefährlich wird das ganze, wenn nicht nur die Passagiere online gehen, sondern auch der Fahrer selbst. Per Laptop etwa, der dann auf dem Beifahrersitz liegt. Unvorstellbar? – Wohl kaum. Schließlich hat sich nicht nur das Telefonieren am Steuer durchgesetzt; auch getextet wird immer häufiger. In den USA ist das Problem mittlerweile so groß geworden, dass landesweit Anzeigenkampagnen laufen, um vor allem junge Autofahrer zur Vernunft zu bringen.

Die Unfallgefahr ist für Autofahrer am Handy bereits viermal so hoch wie ohne. Kaum auszudenken, was passiert, wenn jetzt der Computer mit samt dem world-wide-web für Ablenkung sorgt. Und völlig offen, was als nächstes kommt? – Eine Waschmaschine auf dem Beifahrersitz und ein ausklappbares Bügelbrett in der Mittelkonsole? So wichtig Multitasking geworden ist, im Auto ist der ständige Einbau neuer Gadgets keine gute Idee.

Allerdings ist völlig klar, warum Chrysler den Auto-Hotspot dennoch anbietet. Genau wie die Kollegen bei GM und Ford ist man mechanisch gesehen so weit hinter die europäische und asiatische Konkurrenz zurückgefallen, dass sich längst niemand mehr für die Wagen alleine begeistert. Ohne absurde Zusätze drohen sie nicht einmal wahrgenommen zu werden.
© Inside Wall Street



JetSet ohne Ölpreis-Sorgen
Donnerstag, 21. August 2008

Der Ölpreis steigt, Benzin wird teurer – und mehr noch als die Autofahrer leidet darunter der Airline-Sektor. Allein für Flugbenzin müssen die amerikanischen Carrier in diesem Jahr eine halbe Milliarde Dollar mehr hinlegen als früher. Entsprechend werden Strecken gestrichen, Flugzeuge stillgelegt… doch nicht die ganze Branche leidet.

Wie so oft in Krisenzeiten leiden auch unter den hohen Benzinpreisen vor allem die Unter- und Mittelschicht. Die oberen Zehntausend stören sich nicht an der Rallye, im Gegenteil: Man kauft mehr und mehr Privatmaschinen. Die Hersteller rechnen damit, dass in diesem Jahr 1200 Flugzeuge im Wert von 20 Milliarden Dollar an Superreiche gehen, die keine Lust mehr auf dei gewöhnliche Erste Klasse haben.

Den Unternehmen, darunter die kanadische Bombardier, die US-Konzerne Gulfstream und Cessna, Dassault aus Frankreich und die brasilianische Embraer, stehen damit vor einem weiteren Rekordjahr. Analysten rechnen von Umsatzzuwächsen zwischen 8 und 10 Prozent, während bei den großen Herstellern Boeing und Airbus Umsatzeinbrüche von bis zu einem Drittel drohen.

Zu verdanken haben die Hersteller die neuesten Zuwächse allerdings nicht etwa dem starken US-Geschäft. Im Gegenteil: Erstmals kommt mehr als die Hälfte der Flugzeug-Bestellungen aus dem Ausland, vor allem aus dem arabischen Raum, aus Russland und aus China. „In diesen Wachstumsmärkten legen wir zur Zeit im zweistelligen Prozentbereich zu“, jubelt Steven Ridolfi von Bombardier, dem Konzern hinter dem von Hollywood und Wall Street gleichermaßen geschätzten LearJet.

Vor allem in China rechnet die Branche in den nächsten Jahren mit weiterem Potenzial. Und das nicht wegen des allgemein wachsenden Wohlstands. Denn der Durchschnitts-Chinese wird wohl noch sehr lange warten müssen, um überhaupt öfter per Flieger reisen zu können. Dafür hat man im Top-Segment große Chancen, denn da lief bisher aufgrund der schwachen Infrastruktur vor Ort nicht viel. Erst seit die Chinesen verstärkt Flughäfen bauen, sind private Maschinen für das Jet Set überhaupt interessant.

In Russland und Arabien ist der Trend ähnlich; in beiden Regionen werden mit Volldampf Landebahnen präpariert, und in Abu Dhabi entsteht zur Zeit sogar der erste reine Privatflughafen im Nahen Osten.

Wer dort landen will, kann das ganz erfrischt tun. In den Privatmaschinen der aktuellen Baureihen sind neben geräumigen Doppelbetten Bäder mit Dusche Serie, die aktuellen Trends reichen zudem von Versace-Ausstattung bis hin zu vollständigen Küchen. Der indische Getränkebaron Vijay Mallya hat sich sogar die diamantbesetzte Statue eines Hindu-Gottes in die fliegende Lounge bauen lassen, auf dass sie sich nicht zu sehr von seinem Wohnzimmer unterschiede.

Angst vor einer Trendwende und sinkenden Umsätzen haben die Unternehmen derzeit übrigens nicht. Dass Öl teurer wird, mache den Kunden nichts aus, berichtet ein Insider. Im Gegenteil: Viele seien direkt aus dem Öl-Geschäft und würden von den Kurssprüngen am Rohstoffmarkt direkt profitieren.
© Inside Wall Street



Apple: Zu groß für den “Big Apple”
Mittwoch, 20. August 2008

Der erfolgsverwöhnte Computer- und Gadget-Riese Apple, der mit iBook, iPod und iPhone längst auch die Herzen der PC-User erobert hat, hat Ärger am Hals. Doch geht es nicht um kaputte Applications oder zu teure Geräte, vielmehr ist der Konzern zu beliebt geworden. Zu viele Apple-Fans verärgern die Nachbarn in New Yorks Künstlerviertel.

Mitten in SoHo, einem noch weitgehend kopfsteingepflasterten Teil Manhattans, in dem einst die Künstler und heute Galerien und wohlhabende New Yorker wohnen, hat Apple vor sechs Jahren seinen ersten Laden eröffnet. Einen weiteren gibt es in Höhe der 14. Straße und den größten an der Südost-Ecke des Central Parks. Von dem Laden ist nur der Eingangsbereich als gläserner Würfel zu sehen – geshopt wird unterirdisch.

Die Apple-Läden sind Kult, ganz genau wie die Marke selbst. Und entsprechend werden sie frequentiert, sehr zum Leidwesen der Anrainer. „Als das iPhone kam, sah es hier aus wie in Russland, wenn die Leute um Brot anstehen“, ärgert sich Sean Sweeney, der Präsident der Bürgerinitiative SoHo Alliance. Immer wenn es ein neues Produkt gebe, fielen Horden von Apple-Fans über die Nachbarschaft her, abgesehen von Lärm und Gedränge brächten sie auch jede Menge Müll in die Straße.

Am schlimmsten sei es vergangene Woche gewesen, als Apple die Teenie-Sensation Jonas Brothers im Laden zu Gast hatte: Tausende von Fans standen schon früh morgens vor dem Laden und buhlten um die achtzig Sitze im hauseigenen Theater. Die Massen derer, die nicht auf ihre Kosten kamen, verzogen sich bis spät in die Nacht nicht; den Anwohnern ist das Gekreische heute noch im Ohr.

Doch nicht nur über die Fans, auch über das Unternehmen selbst mokiert man sicht. Die Fassade des Apple Store werde regelmäßig nachts mit lauten Hochdruckstrahlern gereinigt, die unschönen Klimaanlagen auf dem Dach mag man auch nicht.

Doch nichts ist so schlimm wie die Fans. „Apple kann doch unsere Nachbarschaft nicht behandeln als wäre es der Madison Square Garden“, schimpft der 62-jährige Bo Riccobono, der seit einem Vierteljahrhundert in SoHo lebt. Apple wird sich die Kritik der Nachbarn wohl anhören, am Konzept der Läden aber nicht viel ändern. Denn die gehören mittlerweile fest zum Erfolg der Marke.

Eingeführt würden die Läden im Jahr 2002, weil Apple für seine Produkte Zwischenhändler ausschalten wollte. Außerdem suchte der Konzern mehr Kontrolle über das Einkaufserlebnis der Kunden. Durchgestylte Boutiquen passen eben besser zum schicken MacBook Air oder zum iPod Touch als schäbige Regale in der Mall. Die Umsatzzahlen beweisen es, der Expansioskurs auch: Außer den drei Läden in Manhatten gibt es zwei weitere im Stadtgebiet von New York, US-weit sind es schon mehr als 200 Filialen.

Die Umsatzzahlen könnten es indes auch sein, die die Nachbarn zusätzlich auf die Palme bringen. Denn dass sich unter den Apple-Gegnern nicht nur Senioren in ihren Apartements befinden, sondern auch Edelboutiquen wie das britische Modelabel Paul Smith oder der teure Möbel-Designer Moss, zeigt, dass wohl auch eine gehörige Portion Neid im Spiel ist.
© Inside Wall Street
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