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Alt 27-06-2008, 20:08   #865
Starlight
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Fährt GM aus dem Dow?
Freitag, 27. Juni 2008

Für General Motors geht es weiter abwärts. Die Trucks und SUV will wegen der hohen Spritpreise keiner kaufen, Umsatz und Gewinn brechen weg, Entlassungen häufen sich, Goldman Sachs empfiehlt zu „verkaufen“… die einst so stolze amerikanische Industrie-Legende ist ins Stottern geraten und könnte bald sogar aus dem Dow-Jones-Index fallen.

Von den Indexverwaltern bei Dow Jones gibt es dazu wohlgemerkt keinen Kommentar und offiziell auch keine Pläne. Und weil man den Index erst im Februar neu besetzt hat – damals kamen Chevron und Bank of America für Honeywell und Altria Group – dürften auf absehbare Zeit auch keine neuen Verschiebungen mehr stattfinden. Doch in den Blogs fordern Experten nachdrücklich, dass General Motors auf den Pannenstreifen gehört, nicht aber in den wichtigsten amerikaniscen Aktienindex.

Es fallen einem aber auch zuviele Gründe ein, warum General Motors nicht länger unter den Top-30 der US-Konzerne gelistet werden sollte. Nach den jüngsten Kursverlusten notiert die Aktie zur Zeit auf dem niedrigsten Stand seit 33 Jahren. Die gesamte Marktkapitalisierung beläuft sich gerade noch auf 7,5 Milliarden Dollar. Das ist die geringste unter den Blue Cips – mit Abstand. Denn der Alu-Riese Alcoa, der auf dem zweitletzten Platz steht, kommt immer noch auf etwa 30 Milliarden Dollar.

Die Index-Verwalter dürften sich dennoch schwer tun, GM aus dem Dow zu nehmen. Denn das Unternehmen, das immer noch eine Viertelmillion Amerikaner beschäftigt und auf einen Umsatz von 180 Milliarden Dollar kommt, repräsentiert nun einmal – gemeinsam mit dem ebenso schlappen Konkurrenten Ford – die Automobilindustrie, und damit einen der bedeutendsten Wirtschaftszweige des Landes… historisch oder kulturell betrachtet.

Der CNN-Kolumnist Paul LaMonica schlug den Dow-Machern jüngst vor, gar nicht auf die Branche zu verzichten, sondern GM einfach durch Toyota oder Honda zu ersetzen. Ein interessanter Vorschlag. Zwar stehen im Dow nämlich amerikanische Konzerne, doch werden ja auch die Papiere der beiden asiatischen Industrieriesen an der New Yorker Börse gehandelt. Und auch Toyota und Honda beschäftien zigtausende von Amerikanern, haben Werke im Land… und stehen zudem in derselben globalisierten Welt wie die US-Konkurrenten. Und: Die übrigen 29 Dow-Konzerne machen einen Großteil ihres Umsatzes ebenfalls im nicht-amerikanischen Teil der Welt.

Dass man bei Dow Jones indes so weit gehen will, asiatische Papiere in den Standardindex zu nehmen, darf bezweifelt werden. Doch gibt es genügend Alternativen, denn einige Sektoren sind bei den Blue Chips durchaus unterrepräsentiert und könnten verstärkt werden. Hightech, zum Beispiel. Im S&P-500-Index, der gemeinhin als „marktbreit“ bezeichnet wird, kommen 17 Prozent der Aktien aus dem Hightech-Sektor, im Dow sind es mit Microsoft, Intel, IBM und Hewlett-Packard nur 13 Prozent. Vielleicht könnte man über eine Aufnahme von Cisco oder Apple nachdenken. Beide Unternehmen haben einen Marktwert von rund 150 Milliarden Dollar und einen Jahresumsatz von jeweils etwa 40 Milliarden Dollar.

Auch im Konsumsektor, vor allem in der Lebensmittelabteilung, könnte der Dow Verstärkung gut brauchen. Denn mit Coca-Cola ist zur Zeit nur ein einziger Konzern der Sparte gelistet, zumal Procter & Gamble seine Kaffeesparte gerade verkauft und McDonald’s eher ein Einzelhändler als ein Lebensmittelhersteller ist. So wäre zu überlegen, warum Dow Jones nicht Kraft Foods aufnimmt, die einstige Lebensmittelsparte des Ex-Blue-Chips Altria Group.

Oder PepsiCo. Der Brauseriese ist nicht nur breiter aufgestellt als Coca-Cola, sondern noch dazu größer und erfolgreicher als der Konkurrent, der bereits seit zwanzig Jahren unangefochten im Index hockt. Kritiker dürften fragen, ob sich die beiden Konzerne nicht dennoch zu ähnlich sind, um beide gelistet zu werden. Doch ein genauer Blick auf den Index zeigt, dass Individualtität noch nie ein Kriterium war. Bei seiner Gründung im Jahr 1896 umfasste er fast nur Rohstoff- und Eisenbahnwerte sowie Energieversorger. Und auch heute sind mit ExxonMobil und Chevron zwei fast identische Öl-Riesen sowie mit Citigroup, J.P. Morgan und Bank of America drei Banken vertreten.

Der Status von General Motors als Dow-Wert ist also langfristig keineswegs sicher. Wenn der Konzern weiter an Status verliert, könnte das Papier nach mehr als 80 Jahren aus dem prestigeträchtigen Index fallen. Das wäre traurig, doch fände sich GM in guter Gesellschaft. Der Lauf der Zeit hat bereits aus Konzernlegenden wie U.S. Steel, Eastman Kodak und Sears Roebuck Ex-Blue-Chips gemacht.
© Inside Wall Street
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