Deutsche Telekom: Zweifel an Sprint-Übernahme
Montag, 5. Mai 2008
Es gibt an der New Yorker Börse nur noch eine Handvoll deutscher Unternehmen, bei denen laufen die Geschäfte aber gut. Bestes Beispiel: Die Deutsche Telekom, die sich als viertgrößter Mobilfunk-Anbieter im US-Geschäft gut etabliert hat. Eine Übernahme von Sprint Nextel könnte dem Unternehmen jetzt sogar die Marktführerschaft bringen – doch intern gibt es Zweifel an dem Milliardengeschäft.
Das Wall Street Journal hatte zuerst berichtet, dass zwischen Deutsche Telekom und der Nummer Drei der amerikanischen Mobilfunk-Branche erste Übernahmeverhandlungen anstehen könnten.
Vor allem für den ehemaligen Monopolisten aus Bonn wäre eine solche Geschichte attraktiv, denn seit Jahren hängt man immer mehr vom Auslandsgeschäft ab. Während die Zahlen zuhause rückläufig sind, wächst man in den übrigen Märkten; im vergangenen Jahr kamen erstmals mehr als 50 Prozent des Umsatzes aus dem Ausland.
Die USA sind der schnellst wachsende Markt für das Unternehmen. Im letzten Jahr konnte man 3,6 Millionen Neukunden gewinnen, der Umsatz lag bei 19,3 Millionen Dollar – mehr als ein Fünftel des Gesamtumsatzes für die Bonner.
Diesen Wachstumsmarkt auszubauen und den vierten Platz hinter den deutlich größeren US-Konkurrenten AT&T und Verizon Wireless nach vorne zu verlassen, scheint auf den ersten Blick reizvoll. Und tatsächlich: Mit einer Übernahme von Sprint Nextel wäre man die Nummer Eins der Branche und hätte 80 Millionen Kunden zwischen New York und Kalifornien.
Zudem wäre Sprint Nextel billig: Die Aktie ist seit dem letzten Sommer von 22 auf zeitweise nur noch 6 Dollar gefallen; der schwache Dollar würde einen Kauf noch einmal begünstigen. Analysten glauben, dass die Deutsche Telekom genug Geld hätte – einen Faktor haben sie aber noch nicht berücksichtigt:
Kunden von T-Mobile – der Handy-Tochter von Deutsche Telekom – telefonieren US-weit auf dem digitalen GSM-Netz, das das Unternehmen vor einigen Jahren als erster Konzern in Amerika aufgebaut hat. Bei Sprint hingegen arbeitet man mit zwei ganz anderen Standards, nämlich CDMA und IDEN, wobei letztere Technologie mit der Übernahme von Nextel ins Boot kam. Mit teuren Folgen: Dass Sprint Nextel an der Börse schwächelt, liegt vor allem daran, dass das Unternehmen die Netze bisher nicht kombinieren und entsprechend die angestrebten Synergien nicht einfahren konnte.
Darüber macht man sich bei Deutsche Telekom Sorgen. Insider im Unternehmen sprechen davon, dass die Umstellung der CDMA- und IDEN-Kunden auf das GSM-System „zig Milliarden Dollar“ kosten und „mehrere Jahre“ dauern würde. Zeitgleich müsste das eigene Netz massiv ausgebaut werden, heißt es, denn aktuell wäre T-Mobile einem massiven Kundenansturm nicht gewachsen.
Die Börse – und vor allem die Aktionäre von Sprint Nextel, die im Zusammenhang mit den Merger-Spekulationen am Montag einen Tagesgewinn von zeitweise 9 Prozent einfahren – mag die aktuellen Nachrichten aus dem Mobilfunk-Sektor feiern; in naher Zukunft zeichnet sich der Milliarden-Deal aber nicht ab, und Deutsche Telekom wird wohl noch für einige Zeit die Nummer Vier auf dem amerikanischen Markt bleiben.
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