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Alt 30-04-2008, 23:21   #834
Starlight
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Zinssenkung lässt Fragen offen
Mittwoch, 30. April 2008

Die amerikanische Notenbank hat am Mittwoch den Leitzins um 25 Basispunkte auf 2,0 Prozent gesenkt. Dieser Schritt war vom Markt erwartet worden und wurde an den US-Börsen zunächst mit steigenden Kursen quittiert. Entgegen der Erwartungen des Marktes schließt die Fed weitere Zinssenkungen nicht aus.

Der Offenmarktausschuss unter der Leitung von Ben Bernanke hat im Pressestatement zur Zinssenkung zwar die Inflationsgefahr für die amerikanische Konjunktur stärker hervorgehoben als in den letzten Monaten.

Doch scheint man sich weiterhin in erster Linie um das Wirtschaftswachstum zu sorgen. Man müsse die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes weiter im Auge behalten, so die Fed, die sich weitere Maßnahmen zur Erhaltung der Liquidität vorbehält. Das müssen allerdings nicht zwingend weitere Zinssenkungen sein. Auch die jüngsten 30-Tage-Pakete für Banken haben Liquidität in den Markt bebracht, und auch weitere Senkungen des Diskontsatzes wären möglich.

Der Diskontsatz liegt am Mittwoch nach einer Senkung um ebenfalls 25 Basispunkte bei 2,25 Prozent und damit nur minimal über dem Leitsatz.

Die Fed dürfte sich weitere Zinssenkungen auf breiter Front auch nicht leicht machen. Denn Inflation wird in den USA immer mehr zu einem Problem.

Gleichzeitig ist das Wirtschaftswachstum zwar schwach, lässt sich als Gefahr für die Stabilität der US-Konjunktur aber nicht länger überspielen. Denn die aktuellen Wirtschaftsdaten fielen allesamt besser aus als erwartet. So ist das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 0,6 Prozent gestiegen. Optimisten sehen das als weiteren Beweis dafür, dass die USA nicht in einer Rezession sondern seien. Technisch betrachtet müssen für eine Rezession bekanntlich zwei Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum vorliegen.

Die positive Zahl zum ersten Quartal täuscht wohlgemerkt über vieles hinweg. Ein Plus von 0,6 Prozent ist zu einem großen Teil dem starken Export geschuldet, den wiederum vor allem der schwache Dollar ermöglicht hat. Zum anderen haben die Unternehmen in vielen Branchen ihre Lagerbestände in den ersten drei Monaten des Jahres dramatisch ausgebaut – so wurden in vielen Unternehmen Umsätze gebucht, obwohl keine Endnachfrage bestand.

In anderen Branchen ist wohlgemerkt auf die Endnachfrage groß. Der Verbraucher leidet zwar unter der Immobilien- und Kreditkrise, unter der Inflation auf Energie- und Lebensmittelseite und hat seine Not auch in den jüngsten Umfragen zum Verbrauchervertrauen durchblicken lassen. Weiter einkaufen tut er aber trotzdem, und zwar ungehemmt auf Cash und Karte.

Zwischen Pro und Kontra konnten sich Anleger nach der Zinsentscheidung nur schwer entscheiden. Wenige Minuten nach der Bekanntgabe hatten Dow und Co. ihre frühesten Gewinne wieder abgegeben, hielten an den Gewinnen aus dem frühen Handel aber fest.

Die Situation ist eben alles andere als klar, worauf übrigens auch ein Blick in die Fed-Akten schließen lässt. In einem Gremium, das historisch betrachtet im Konsens urteilt, gab es diesmal immerhin zwei Gegenstimmen. Die Präsidenten der regionalen Notenbanken von Dallas und Philadelphia, Richard Fisher und Charles Plosser, votierten gegen eine Zinssenkung, ihre acht Kollegen überstimmten sie aber.
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