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Alt 08-04-2008, 18:21   #828
Starlight
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Unterwegs im Krisen-Shuttle
Dienstag, 8. April 2008

Der Montagmorgen-Flug von New Yorks LaGuardia nach Detroit hat unter den Passagieren einen eigenen Namen: der Krisen-Shuttle. Doch keine Panik: Das Flugzeug ist nicht etwa absturzgefährdet. Doch es befördert Woche für Woche Spitzenbanker nach Midwest, wo sie die kaputte Auto-Industrie retten sollen.

Die Krise in Detroit, wo einst das Herz der amerikanischen Automobil-Industrie schlug und Millionen von Jobs eine stabile Mittelklasse unterhielten, ist so schwerwiegend wie nie zuvor. Nicht nur die großen Konzerne sind in Schwierigkeiten, sondern vor allem zahlreiche Zulieferer. Viele von ihnen haben Finanzberater angeheuert, um eine Zukunft zu finden: durch Übernahmen, durch Investitionen, durch was immer den Bankern einfällt.

Leider fiel den Bankern vor Ort zu lange nichts ein, weshalb die Finanzhäuser mittlerweile die Schwergewichte aus New York einfliegen. Der Bilanzprüfer Grant Thornton, der im Auftrag von Ford mit den Zulieferern verhandelt, schickt Woche für Woche ein dreiköpfiges Team nach Detroit. Die Top-Banker werden mittlerweile am Flugsteig erkannt – und haben feste Rituale, wie das Wirtschaftsmagazin Fortune berichtet.

Wichtigste Regel an Bord: Es wird nicht gearbeitet. Die Laptops in der Ersten Klasse bleiben zu. Das ist bei Geschäftsreisenden ungewöhnlich, hat aber inmitten der Automobilkrise einen guten Grund: „Du weißt nie, wer hinter dir sitzt“, meint Ben Gonzales von Grant Thornton. „Es könnte ein Konkurrent sein.“

Manche Konkurrenten seien einfach zu erkennen, so Gonzales. Meist säßen sie „in Dreiergruppen zusammen. Da hast du den alten Ex-CEO, einen mittelalten Banker und einen jungen Mann, der die ganze Arbeit tun muss.“ Doch weil sich nicht alle Gegner an diese Besetzung halten, bleiben die Laptops eben zu und der Blackberry ausgeschaltet.

Das gleiche gilt für abends an der Hotelbar: Die meisten Passagiere des Krisen-Shuttle logieren im Westin-Hotel in Southfield, einem Vorort der kaputten Metropole. Das passt, denn das Westin ist das hoffnungsvollste Zeichen für die Zukunft der Region. Die Private-Equity-Gruppe Blackstone hat es vor zwei Jahren übernommen und renoviert. Man baut auf eine Trendwende in Detroit und darauf, bald wieder mit Geschäftsleuten aus der Auto- und Zuliefererindustrie ausgebucht zu sein.
© Inside Wall Street
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