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Alt 04-04-2008, 19:09   #826
Starlight
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Wal-Mart’s Ärger mit einer Behinderten
Freitag, 4. April 2008

Kein US-Konzern ist so umstritten wie Wal-Mart. Gegen den weltgrößten Einzelhändler gibt es Bürgerinitiativen, Webseiten, ungezählte Verfahren, Boykottaufrufe… selbst die Öl-Multis kommen da vergleichsweise glimpflich weg. Jetzt hat Wal-Mart mit einer Klage gegen eine behinderte Frau wieder einmal für Schlagzeilen gesorgt.

Hintergrund der dramatischen Geschichte ist die Krankenversicherung, die Wal-Mart seinen Mitarbeitern anbietet. In diese trat vor acht Jahren auch Debbie Shank ein, die für den Einzelhändler Regale auffüllte.

Wenig später geriet Shank in einen Verkehrsunfall, als ein Laster ihren Minivan rammte und bis zur Unkenntlichkeit zerquetschte. Die damals 44-Jährige wurde schwer verletzt, verlor ihr Kurzzeitgedächtnis, landere im Rollstuhl und ist heute in einem Pflegeheim auf Betreuung rund um die Uhr angewiesen. Aus der Krankenversicherung von Wal-Mart bekam Debbie Shank 470 000 Dollar.

Wenig später gewann Shank ein Verfahren gegen die Spedition, deren Lastwagen den Unfall verschuldet hatte. Von einem Schmerzensgeld von 1 Million Dollar blieben der schwerkranken Frau nach Abzug der Gerichts- und Anwaltskosten 417 000 Dollar – und diese zogen eine Klage von Wal-Mart nach sich. Der Einzelhänder wollte seine 470 000 Dollar wiederhaben und berief sich auf einen Passus im Kleingedruckten, nachdem man Leistungen zurückforden könne, wenn dem Begünstigten von einem Gericht Schmerzensgelder zugesprochen würden.

Ein Gericht bestätigte Wal-Mart’s Position, und die Shanks hatten ein Problem: Von den 417 000 Dollar waren wegen hoher Pflegekosten nur noch 275 000 Dollar übrig. Die Behandlungen von Debbie Shank verschlangen so viel Geld, dass ihr Ehemann die Scheidung einreichte, um ihr als alleinstehender Frau höhere Sozialbezüge zu ermöglichen. Von all diesen Sorgen der Familie war Wal-Mart ebenso wenig gerührt wie von einem weiteren Schicksalsschlag:

Während der Prozess gegen Wal-Mart lief, fiel einer der Shank-Söhne im Einsatz im Irak. Debbie Shank kann diese Tragödie bis heute nicht einordnen. Sie erkundigt sich, so zitieren US-Medien Familienangehörige, immer wieder nach ihrem Sohn, um dann jeweils wie zum ersten Mal von dessen Tod zu hören.

Den Amerikanern im allgemeinen ging die Geschichte der Shanks wohl mehr zu Herzen als dem Management von Wal-Mart. Die Geschichte hielt sich tagelang in den Schlagzeilen, bis der Milliarden-schwere Konzern nun einlenkte. Man hat die Klage gegen die Shanks zurückgezogen und lässt der behinderten Frau ihr Geld, so dass die Pflegekosten weiter getragen werden können. Um in Zukunft ähnliches Theater zu vermeiden, will die Krankenversicherung einen Passus einführen, nach dem künftig von Fall zu Fall entschieden und Patienten entgegengekommen werden kann.

Allzu viel Herz steckt in dieser Entscheidung wohlgemerkt nicht. Vielmehr hat man wohl gemerkt, dass der Image-Schaden für den umstrittenen Konzern deutlich höher sein dürfte als die 275 000 Dollar, die man Debbie Shank abnehmen wollte.
© Inside Wall Street
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