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Alt 26-03-2008, 19:00   #820
Starlight
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Wer profitiert von teurem Sprit?
Montag, 24. März 2008

Der Ölpreis mag in den letzten Tagen ein wenig nachgegeben und Inflationssorgen unter Anlegern verdrängt haben. Dumm nur: Der amerikanische Autofahrer hat davon nichts mitbekommen; der Benzinpreis an US-Zapfsäulen ist am Wochenende erneut auf ein historisches Hoch geklettert. Eine Gallone Sprit kostet im Durchschnitt 3,26 Dollar.

Hohe Spritpreise werden an der Wall Street aus zwei Richtungen bewertet: Einerseits sind sie ein gefährlicher Inflationsfaktor. Denn nicht nur der Autofahrer zahlt mehr, der ins Büro oder die Kinder zur Schule fährt. Auch der Gütertransport wird teurer, weshalb sich hohe Benzinpreise recht schnell auf andere Bereiche – von Lebensmitteln zu Urlaubsreisen – ausweiten.

Andererseits gibt es auch Krisenprofiteure: die Öl-Multis. Deren Kurse ziehen normalerweise an, da mit hohen Spritpreisen auch die Unternehmensgewinne steigen. Da der Ölsektor samt seinen Zulieferern einen beträchtlichen Anteil des marktbreiten S&P-500-Index ausmacht, kann das der Börsenstimmung durchaus gut tun. Allein, zur Zeit funktioniert das nicht. Trotz Preisen auf Rekordniveau machen Exxon & Co. längst nicht mehr die Kohle, die man noch vor zwei Jahren scheffelte.

Der Grund: Die Raffinierien können die dramatischen Preisanstiege von Rohöl nicht komplett an den Kunden weitergeben. Bei diesen Unternehmen – dazu gehören die Dow-notierte Branchenriese Exxon Mobil und Chevron sowie ConocoPhilips, Sunoco oder Valero – bleiben vom aktuellen Spritpreis gerade einmal 27 Cent pro Gallone hängen.

Zu vernachlässigen ist der Umsatzanteil, der direkt vor Ort an der Tankstelle bleibt. Nach Ausgaben für Pacht und anfallenden Löhnen bleiben Tankstellenbesitzern von all den Rekordsummen höchstens ein paar Cent, weshalb Tankstellen ohne angeschlossenen Magazin- oder Lebensmittelhandel kaum überleben können.

Weitere 35 Cent pro Gallone Sprit gehen für den Transport drauf, angefangen von vielen Kilometern Pipeline über die Kosten auf Schiff und Tanklaster. Weitere 42 Cent pro Gallone fallen an Steuern an und finanzieren in den USA einen großen Teil der Infrastruktur.

Den größten Teil der Spritkosten macht damit das Rohöl aus: Ganze 2,20 Dollar pro Gallone, also satte zwei Drittel, gehen an die Produzenten. Dazu gehören Chevron und BP, kleinere Konzerne wie Anadarko und Marathon, vor allem aber staatliche Betriebe in Saudi-Arabien, Venezuela und Mexiko. Diese sind die einzigen, denen der hohe Ölpreis wirklich zugute kommt; viele andere sehen sich der Wut der Autofahrer zu unrecht ausgesetzt, darunter auch die Öl-Trader an der New Yorker Rohstoffbörse Nymex. Die profitieren nämlich nicht von höheren Preisen, sondern allein von der Volatilität des Marktes. Ob der Ölpreis von 90 auf 100 Dollar steigt, oder von 100 auf 90 Dollar fällt, macht für den Trader keinen Unterschied – vorausgesetzt er hat den Trend erkannt und sich entsprechend positioniert.
© Inside Wall Street
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