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Alt 07-03-2008, 21:22   #811
Starlight
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Die Politisierung des Arbeitsmarktes
Freitag, 7. März 2008

George W. Bush wird sich am Freitag wohl nicht im Rosengarten zeigen. Und sollte er – etwa auf dem Weg zum Hubschrauber – doch über den Rasen des Weißen Hauses laufen, wird er sich von Mikrofonen fernhalten. Das ist nach Arbeitsmarktberichten nicht immer so; fallen sie besser aus, kommentiert der Präsident gerne.

Volkswirte und viele Broker an der Wall Street finden es meist albern, wenn sich der Präsident zu Arbeitsmarkt und ähnlichen Themen äußert. Denn einerseits ist der ohnehin inkompetente Präsident sicher keine Koryphäe in der Interpretation von Wirtschaftsdaten. Zum anderen sind seine Absichten, den jeweils aktuellen Report schönzureden, klar erkenntlich; es scheint, Bush bemühe sich nicht einmal, einigermaßen neutral zu klingen.

So können die Daten Monat für Monat unter den Prognosen der Experten ausfallen; Bush spricht vor dem Presse-Corps immer von einer stabilen Wirtschaft und einem starken Arbeitsmarkt. Er unterlegt das meist mit absoluten Zahlen und rechnet gerne alle während seiner Amtszeit geschaffenen Jobs zusammen. So kommt er auf eine bedeutend klingende Ziffer, die doch nichts mit der wirklichen Lage am Arbeitsmarkt zu tun hat.

Denn was Bush und das Arbeitsministerium regelmäßig verschweigen: Laut unabhängiger Experten muss die US-Wirtschaft monatlich zwischen 100 000 und 250 000 neue Stellen schaffen, um Bevölkerungswachstum und Zuwanderung auszugleichen. In den letzten zwölf Monaten schaffte man allerdings die niedrigste Hürde von 100 000 Stellen nur vier Mal, acht Mal lag die Zahl der neuen Jobs deutlich unter dem sechsstelligen Bereich. Und in den ersten beiden Monaten dieses Jahres gingen nun sogar Jobs verloren.

Für den Februar steht ein Stellenabbau von 63 000 zu Buche, was der schlechteste Stand seit fünf Jahren ist. Im Januar wurden zudem bereits 22 000 Stellen abgebaut. Das mag manche Beobachter überrascht haben, denn ursprünglich hatte man für den Januar einen leichten Stellenzuwachs gemeldet. Doch sind die monatlichen Revidierungen in den USA enrom. Auch für den Dezember wurden die Arbeitsmarktdaten gerade noch einmal nach unten revidiert: Statt 82 000 wurden im Weihnachtsmonat nur 41 000 Jobs geschaffen – gerade einmal halb so viele wie ursprünglich angekündigt.

Was dem Anleger bleibt: Die Erkenntnis, dass die jeweils aktuellen Daten vom Arbeitsmarkt unzuverlässig sind. Doch schlecht sind sie allemal. Das wiederum zeigt sich im Februar-Bericht an der Korrellation zweier Zahlen. So ist nicht nur die Zahl der neuen Stellen zurückgegangen, sondern auch die Arbeitslosenquote. Folglich geben immer mehr Amerikaner die Stellensuche komplett auf, weil sie in ihrem Umfeld keinen Job mehr finden.

Dieses Phänomen gekoppelt mit den sinkenden Netto-Einnahmen, dem allgemein schwachen Wachstum im Produzierenden Gewerbe und dem steilen Verfall des Dollar macht eines immer deutlicher: Die USA stecken mitten in einer Rezession.
© Inside Wall Street
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