Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 28-02-2008, 20:39   #805
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 33.345
Drinks in der Krise
Donnerstag, 28. Februar 2008

Zwischen Stagflation und Inflation, zwischen Angst vor Rezession, immer neuen Warnungen von Ben Bernanke, der Hypothekenkrise, Milliarden-Abschreibungen und steigender Arbeitslosigkeit gibt es für viele Amerikaner – ob Broker oder nicht – am Abend nur eines: einen guten Whiskey. On the rocks.

In schlechten Zeiten geht es der Getränke-Industrie gut, ist eine alte Regel an der Börse. Doch ganz so einfach ist das in diesen Tagen nicht – im Gegenteil: Viele Unternehmen der Branche, und vor allem die Restaurants, verbuchen fallende Umsätze.

Schuld ist offensichtlich die Inflation, unter der die amerikanischen Verbraucher (und Genießer) am direktesten leiden. Vor allem die hohen Benzinpreise verderben die Laune schon bevor es abends ins Restaurant geht; das Tischgespräch über Entlassungen im Büro und das schwächlnde Aktienportfolio macht es auch nicht einfacher den Geldbeutel zu öffnen. Immer mehr Amerikaner verzichten folglich auf den 12-Dollar-Martini und bleiben beim Bier. Und zwar bei einem einzigen Bier.

„Wir sehen ein schwieriges Umfeld voller Herausforderungen“, klagt der CEO der Restaurantkette Texas Roadhouse, G.J. Hart, im Rahmen der Bar- und Getränke-Messe in Las Vegas. Er hat die Alkohol-Umsätze im letzten Jahr um einen halben Prozentpunkt fallen gesehen, und bei der Konkurrenz sieht es nicht viel besser aus:

Im Durchschnitt machen amerikanische Restaurants 17 Prozent ihres Umsatzes mit dem Verkauf von Alkohol; in einigen Fällen sind es bis zu 30 Prozent. In den letzten Jahren verbuchte die Branche ein jährliches Umsatzwachstum von 5 bis 6 Prozent, berichtet David Ozgo, der Chef-Volkswirt des Branchenverbandes Distilled Spirits Council. Im vergangenen Jahr sei das Wachstum fast auf Null zurückgegangen.

Besonders dramatisch ist das, weil alkoholische Getränke den Restaurants mit Abstand die höchsten Margen bringen. Je höher der Anteil der Alkohol-Umsätze am gesamten Geschäft sind, desto mehr können sie steigende Kosten – etwa für Lebensmittel oder Personal – ausgleichen. Das gelang zuletzt nicht mehr, weshalb die lautesten Klagen direkt von den Bars und Nightclubs kommen, die fast komplett von Drinks leben.

Die Getränke-Hersteller zeichnen indes ein weniger düsteres Bild. Während der Umsatz in Restaurants und Bars stagnieren mag, läuft das Geschäft in den Läden gut. Das heißt: Inmitten der Wirtschaftskrise trinkt der Amerikaner nicht weniger – er trinkt nur billiger, also in den eigenen vier Wänden. Der Direktverkauf an den Konsumenten macht bei den meisten Brauereien und Destillerien rund 75 Prozent des Umsatzes aus, weshalb es von dieser Seite kaum Klagen gibt.

Einige Unternehmen sehen sogar Wachstumschancen: Wenn die Amerikaner schon zu Hause trinken, dann lohnt es sich für viele wieder die teurere Flasche zu kaufen. Die Hersteller von hochwertigeren Bränden, darunter etwa die Patron Spirits Company mit ihrem gleichnamigen Tequila, sehen einen interessanten Trend: „Ein guter Drink ist der Luxus, denn man sich noch gönnt, auch wenn man sich kein neues Auto mehr kaufen kann“, meint COO John McDonnell.
© Inside Wall Street
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten