Steuerhinterziehung kostet Washington Milliarden
Freitag, 15. Februar 2008
Je höher die Gehälter, desto größer die Gier – das gilt in Deutschland und in den USA gleichermaßen. So beobachtet die Wall Street den Fall Zumwinkel mit einigem Interesse und erinnert sich an zahlreiche Fälle, bei denen amerikanische CEOs Millionen am Fiskus vorbeigeschleust haben – die meisten sitzen für Jahre im Knast.
Zwei besonders große Fälle haben die Wall Street erst in den letzten Monaten beschäftigt: Erst im Dezember wurde der frühere kanadische Zeitungsbaron und jetzt amerikanische Staatsbürger Conrad Black wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der Telekom-Unternehmer Walter Anderson sitzt für neun Jahre ein. Er soll Einnahmen von rund 500 Millionen Dollar nicht gemeldet und versteuert haben.
Mit Wal-Mart war vor zwei Jahren das weltgrößte Unternehmen selbst Nebendarsteller in einem Steuerskandal. Allerdings ging es nicht um den Einzelhändler selbst, sondern um dessen Vize-Chairman Tom Coughlin, der sich neben Hinterziehung auch noch der Bestechung und des Betrugs mit Geschenkgutscheinen schuldig gemacht hatte. Coughlin wurde ursprünglich zu 28 Jahren Haft verurteilt, ist wegen schlechter Gesundheit allerdings zur Zeit auf Bewährung entlassen.
Damit dürfte John Rigas zur Zeit der am längsten inhaftierte US-Steuersünder sein. Der Gründer und Chef des Telekomkonzerns Adelphia stand vor drei Jahren im Mittelpunkt eines spektakulären Skandals, in dem es nicht nur um Steuerhinterziehung, sondern auch um Veruntreuung und Bilanzbetrug ging. Rigas verbüßt zur Zeit eine Haftstrafe von 15 Jahren, seine Söhne und Co-Manager sitzen ebenfalls für mehrere Jahre ein.
Doch sind es nicht nur die Bosse aus Industrie und Wirtschaft, die Steuerhinterziehung zu einem teuren Problem für die US-Regierung machen. Auch im politischen Umfeld gibt es manchen, der sein Geld gerne am Fiskus vorbeiführt. Der republikanische Abgeordnete Duke Cunningham aus Kalifornien machte mit seinem Bestechungs- und Steuerskandal vor zwei Jahren Schlagzeilen; er sitzt zur Zeit für mehr als acht Jahre im Gefängnis.
Eine Haftstrafe von sechs Jahren verbüßt Jack Abramoff, einer der wichtigsten republikanischen Lobbyisten der letzten Jahre. Abramoff vertrat unter anderem die Casino-Interessen einiger Indianerstämme, unterhielt Geschäftsbeziehungen nach Russland, Malaysia und Sudan, verschaffte dem Industrieriesen Tyco Gehör bei Politikern und gehörte bis zum Bekanntwerden des Skandals zum Umfeld von George W. Bush.
Ob Politiker oder Manager, die amerikanischen Steuersünder reihen sich in einer prominenten Verbrechergruppe ein, deren größte Namen legendär sind: Schon die Mobster-Legenden Al Capone, Meyer Lansky und John Gotti hatten keine Lust, den Staat an ihren Einnahmen zu beteiligen.
Die Kosten der Steuerhinterziehung in den USA sind enorm. Satte 14 Prozent der gesamten Steuereinnahmen entgehen dem Staat jährlich; im abgelaufenen Jahr beziffert die amerikanische Steuerbehörde IRS den Schaden auf 345 Milliarden Dollar.
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