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Alt 17-01-2008, 20:15   #787
Starlight
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Bernankes Ohrfeige für Präsident Bush

Ben Bernanke bemühte sich am Donnerstag vor dem Kongress redlich, keine Parteipolitik zu betreiben. Doch seine Kommentare zu einem möglichen Hilfspaket der US-Regierung für die strauchelnde Wirtschaft waren am Ende doch eine Ohrfeige für George W. Bush, von dessen Steuersenkungen der Fed-Chef offensichtlich nichts hält.

Die von der Bush-Regierung angestrebten dauerhaften Steuersenkungen hält Ben Bernanke nicht für eine wirksame Maßnahme, um das Wirtschaftswachstum in den USA wieder anzutreiben. Im Gegenteil: Der Chef der Notenbank sprach sich ausdrücklich für ein „schnelles, effizienties und zeitlich begrenztes“ Eingreifen in den Markt aus.

Von der zeitlichen Begrenzung dürfte man im Weißen Haus nicht viel halten. Seit Monaten kämpfen Bush und seine Republikaner darum, die vor fünf Jahren befristet beschlossenen Steuersenkungen fest und für immer im Gesetz zu verankern. Dabei waren diese Steuersenkungen von Beginn an höchst umstritten, denn sie kamen zum allergrößten Teil den Unternehmen und Spitzenverdienern zugute.

Um jetzt das schwache Wirtschaftswachstum effizient anzustacheln, müsse die Regierung weiter unten anpacken, stellte Bernanke in Washington klar. Ein wirksames Paket würde sich direkt an die Unter- und Mittelschicht wenden, die unter anderem durch stagnierende Löhne und den hohen Inflationsdruck am stärksten belastet sei. Mehrere Abgeordnete scheinen nun mehr Arbeitslosenhilfe oder die verstärkte Ausgabe von Lebensmittelmarken zu favorisieren, mit denen die Amerikaner mit den geringsten Einkommen unterstützt würden.

Die wiederholte Frage mehrerer republikanisches Abgeordneter, ob nicht Steuersenkungen für die Unternehmen stärkere Auswirkungen für die Wirtschaft hätten, beantwortete Bernanke mehrfach sehr betont mit einem klaren „Nein“. Allein wirtschaftliche Hilfe für die Unterschicht – eben über Lebensmittelmarkten – würde direkt in den Markt reinvestiert.

Steuersenkungen für Unternehmen würden sich hingegen eher langfristig und einseitig auswirken. Angesichts der Höhe eines Hilfspakets, das zwischen 100 und 150 Milliarden Dollar schwer sein könnte, sei im Falle einer ineffektiven Verteilung des Geldes der wirtschaftliche Schaden für die USA höher als der mögliche Nutzen. Der Schaden ließe sich vor allem an einer dramatisch steigenden Staatsverschuldung ablesen. Die beträgt heute bereits 9,2 Billionen Dollar, wobei die Kosten für das kaputte staatliche Gesundheitssystem noch nicht eingerechnet sind.

Abgesehen vom direkten Schaden eines langfristigen Hilfspaketes im Defizit fürchtet Bernanke auch, dass den Amerikanern durch weitere Steuersenkungen endgültig auch noch der letzte Rest von finanzieller und haushalterischer Disziplin verloren gehen würde.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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