Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 07-11-2007, 17:54   #772
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.578
Die Geldsorgen der Öl-Multis

Experten mögen sich darüber streiten, ob Angebot oder Nachfrage am steigenden Ölpreis schuld sind. Fest steht aber, dass das schwarze Gold weiter auf 100 Dollar zuhält, und so kamen die Gewinneinbrüche bei den Öl-Multis für viele Anleger in den letzten Tagen überraschend. Dabei gibt es für diese eine einfache Erklärung:

ExxonMobil sprach bei der Bilanzkonferenz vor wenigen Tagen von einem Gewinneinbruch um 10 Prozent, bei Chevron ging der Profit um 26 Prozent zurück… angesichts des allgemeinen Wohlstands der Branche sicher kein Grund für Mitleid, aber ein Anlass, die Kosten der Konzerne zu prüfen.

Vor allem in Washington schaut man genau auf die Bilanzen der Öl-Konzerne. Denn denen wollte man angesichts des steigenden Ölpreises und der explodierenden Gewinne eigentlich eine Sondersteuer aufbrummen. Doch die lässt sich nur durchsetzen, solange die Gewinne wirklich außergewöhnlich hoch sind – und das sind sie nicht mehr lange, wenn man den jüngsten Entwicklungen folgt.

Denn der hohe Ölpreis nutzt ExxonMobil und Co. nur zum Teil. So profitieren die Konzerne natürlich von jedem Fass Öl, das sie teuer verkaufen können. Das meiste Öl geht aber an die eigenen Raffinerien, die daraus Benzin machen, das wiederum seit Monaten im Preis kaum steigt. Das drückt auf die Margen, wenngleich die Konzerne immer noch ganz gut verdienen.

Denn ein Barrel Öl zu fördern kostet zwischen 5 und 7 Dollar, zumindest in den günstigen Fördergebieten von Venezuela und Aserbaidschan. Darauf kommen noch einmal 5 bis 7 Dollar an anteiligen Kosten für die Förderanlagen. Die Steuern im Förderstaat liegen zwischen 40 und 90 Prozent, was eine ganze Menge ist, den Unternehmen aber noch immer dicke Gewinnmargen lässt.

Die verschwinden komplett, wenn die amerikanischen Multis Öl zukaufen müssen. Und das müssen sie in rauhen Mengen, denn in den US-Raffinerien wird viel mehr Benzin und Heizöl hergestellt, als sich aus den eigenen Fördermengen generieren ließe.

Der Marktführer ExxonMobil hat im vergangenen Quartal beispielsweise 2,5 Millionen Fass pro Tag gefördert, aber 5,6 Millionen Fass raffiniert. Chevron benötigte 3,5 Millionen Fass und fördert selbst nur 1,7 Millionen, und von Conocos verbrauchten 3,1 Millionen Fass kamen gar nur 774 000 Fass aus eigenen Quellen. Das zusätzliche Öl kauft man zum Marktpreis ein.

So ist das ganze Geld, dass die Ölbranche durch steigende Ölpreise einnimmt, für die amerikanischen Konzerne oft nicht mehr als ein Durchlaufposten, der letztlich bei ausländischen Herstellern abgeliefert wird. Doch, wie gesagt: Mitleid für die Öl-Multis ist nicht angebracht. Auch nach höheren Kosten blieb ExxonMobil im jüngst abgelaufenen Quartal ein Gewinn von fast 10 Milliarden Dollar, und auch die Konkurrenten haben ihre Bilanzen zwar unter, aber durchaus in Sichtweite der einstigen Rekordniveaus geschlossen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten