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Alt 26-10-2007, 20:27   #767
Starlight
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Das Milliarden-Feuer

Im Kampf gegen die verheerenden Waldbrände in Kalifornien sieht die Feuerwehr wegen freundlicherer Winde vom Pazifik endlich ein wenig Fortschritt. Doch der Schaden ist enorm: Die Flammen haben hunderttausende von Hektar Land verbrannt, tausende von Häusern vernichtet und mindestens fünf Menschen getötet. Die wirtschaftlichen Folgen werden dramatisch sein.

Die Versicherungen, wie bei jeder Katastrophe der dierekt und am meisten betroffene Sektor, haben bereits zu Beginn der Woche von einem Schaden von „mindestens 500 Millionen Dollar“ gesprochen. Diese Zahl dürfte in den nächsten Tagen und Wochen noch mehrfach nach oben revidiert werden.

Doch was die Versicherungen an gemeldeten Schäden bilanzieren wollen, wird ohnehin nur einen Teil der wirklichen Verluste beschreiben. Denn während die zerstörten Häuser versichert sind und die mehr als eine Million betroffenen Kalifornier auch die Kosten für ihre Evakuierung ersetzt bekommen, bleiben viele Unternehmen auf nicht bezifferbaren Geschäftsausfällen sitzen.

Der Chiphersteller Qualcomm beispielsweise hat sein Hauptquartier in San Diego und muss dieser Tage auf zahlreiche Mitarbeiter verzichten. Man habe alle nicht essentiellen Angestellten direkt nach Hause geschickt, heißt es aus dem Konzern. Alle vom Feuer betroffenen Mitarbeiter dürfen ohnehin zuhause bleiben und sich um ihre Familien und sonstige Angelegenheiten kümmern. Ähnlich verfährt der Energieriese Sempra, der den größten Teil der Region versorgt.

Auch zahlreiche Verbraucher orientierte Unternehmen haben Einbußen: Die Tierbedarfskette Petco hat ihre Aktivitäten im Krisengebiet ebenso eingestellt wie die Fastfood-Kette Jack in a Box und zahlreiche Konkurrenten. Kleine, teils von Familien betriebene Unternehmen und Restaurants waren die ersten, die schließen mussten.

Und doch: Die Versicherer werden den größten Teil der Verluste verbuchen. Am stärksten vertreten sind in der Region die Branchenriesen Allstate und State Farm sowie die Farmes Insurance Group, die bereits tausende von Schadensberichten gesichtet haben und sich zur Bemessung des Gesamtschadens zur Zeit an historischen Katastrophen orientieren. Am bisher teuersten Waldbrand vom Oktober 1991, zum Beispiel. Der hatte etwas weiter nördlich bei Oakland getobt und seinerzeit 3000 Häuser zerstört. Der Schaden: Satte 1,7 Milliarden Dollar, was heute inflationsbereinigt 2,5 Milliarden Dollar entsprechen würde.

Zwei Großbrände in der Region von San Diego haben in den letzten Jahren einen Schaden von jeweils rund 1 Milliarde Dollar verursacht, und angesichts der präzisen Ausbreitung des aktuellen Brandes fürchten die Konzerne das Schlimmste: In der aktuell betroffenen Gegend wohnen zahlreiche Stars, darunter Bob Dylan, Mel Gibson, Pamela Anderson und Britney Spears. Die leiden wohl nicht mehr und nicht weniger als andere Betroffene – doch ihre Häuser sind wesentlich teurer. Dass aus der zunächst veranschlagten Schadensumme von 500 Millionen schon bald 2 Milliarden Dollar werden dürfen, gilt in der Branche als sicher.

Auf Betreiben von Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat US-Präsident George W. Bush die vom Feuer betroffene Gegend mittlerweile zum Katastrophengebiet erklärt. Damit ist zumindest der Weg für finanzielle Hilfe aus Washington frei, die zahlreiche Kalifornier in den nächsten Wochen und Monaten bitter brauchen werden.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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