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Alt 10-10-2007, 18:28   #758
Starlight
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50 000 Arbeiter bestreiken Chrysler

Alle Räder stehen still… bei Chrysler ruhen die Förderbänder, seit Mittwochmittag haben 50 000 Mitarbeiter die Arbeit niedergelegt, das Unternehmen steckt in seinem ersten US-weiten Streik. Die Verhandlungen mit der Gewerkschaft können sich noch über Tage erstrecken, doch hat das Management keinen Grund zur Panik.

Wie schon bei General Motors, wo die Gewerkschaft UAW vor zwei Wochen einen US-weiten Streik ausgerufen und für zwei Tage durchgezogen hatte, drohen auch bei Chryler zunächst keine schwerwiegenden Folgen. Die Autoabsätze waren zuletzt derwart schwach, dass der Hersteller in dieser Woche ohnehin fünf Werke vorrübergehend dicht machen musste um Lagerbestände abzubauen – der Streik kann hier nur helfen, und zwar länger als der Gewerkschaft lieb sein kann: Experten rechnen damit, dass Chrysler vier bis fünf Wochen durchhalten kann, ohne finanzielle Einbußen zu sehen.

So lastet großer Druck auf der Gewerkschaft, Chrysler entgegen zu kommen. Und ein Stück weit wird man das tun müssen, nämlich zumindest von einem Posten wird das Management wohl nicht abrücken. In der letzten Verhandlungsrunde vor zwei Jahren hat die UAW nämlich den beiden US-Konkurrenten GM und Ford in bezug auf die Krankenversicherungskosten große Zugeständnisse gemacht – nicht aber Chrysler, weil man die Finanzen der Muttergesellschaft Daimler als zu stabil einschätzte.

Jetzt aber ist Chrysler ein Teil von Cerberus Capital, auf deren stabile Bilanz sich die UAW in ihren Verhandlungen sicher nicht berufen kann. Man muss dem Unternehmen jetzt einen Ausweg aus der Nebenkostenkrise ermöglichen, wie man ihn auch GM genehmigte und wie ihn auch Ford erwarten wird. Schwerpunkt dabei: die Versicherungskosten für die Rentner. Etwa 111 000 werden weiterhin von Chrysler unterstützt und damit nur etwa ein Viertel dessen, was GM bis vor kurzen zu versorgen hatte. Das Einsparpotenzial ist dennoch riesig: Bis zu 300 Millionen Dollar jährlich könnte Chrysler nach erfolgreichen Verhandlungen aus der Bilanz streichen.

Das Management des Automobilriesen kann sich nicht einfach darauf verlassen, dass die Gewerkschaft allen Forderungen zustimmen wird, denn auch die UAW hat Druckmittel: Während der Streik zwar hilft die Lagerbestände abzubauen, gefährdet er die Markteinführung von zwei Modellen noch in diesem Herbst, von deren Erfolg die Zukunft des Unternehmens mittelfristig abhängen wird: Der Dodge Minivan und der Chrysler Town and Country sollen demnächst in die Läden rollen und die Amerikaner wieder für die Marke begeistern.

Die streikenden Chrysler-Arbeiter wissen um ihr Druckmittel und haben am Morgen erklärt, auf einen lange anhaltenden Arbeitskampf vorbereitet zu sein. Bei vielen dürften aber nach ein paar Tagen die Nerven flattern, denn aus der Streikkasse gibt es gerade einmal 200 Dollar pro Woche – in um um Detroit dürfte manches Sparkonto kein ausreichendes Polster aufweisen, um den Fehlbetrag auszugleichen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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