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Alt 22-03-2007, 17:53   #640
Starlight
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Toyotas langer Weg ins „Heartland“

Es gibt da eine Firma, die 13 Fabriken in Amerika unterhalte, tönt es in der Fernseh-Werbung. Eine Firma, die tausende Amerikaner einstelle, um Autos zu bauen. Im Hintergrund ziehen Bilder der weiten Prärie, und mittendurch fährt der Wagen, der mit seiner amerikanischen Geschichte patriotische Kunden gewinnen will – es ist ein Toyota.

Die Japaner haben die letzte Stufe ihrer Marktpositionierung in Amerika begonnen. Man hat zunächst dank besserer Produkte die Kunden an Ost- und Westküste für sich gewonnen und dann dank besserer Technologien und Infrastruktur die US-Konkurrenten auch in bezug auf die Gewinnmargen abgehängt. Jetzt geht es ans Eingemachte: Toyota will im Herzen Amerikas Freunde finden. Im Mittleren Westen und in Texas, wo in jedem Garten die „Stars and Stripes“ wehen, wo man zum Rodeo geht und bis heute einen Wagen aus Detroit kauft, weil der eben amerikanisch ist.

Aktuelle Marktstudien zeigen, dass Toyotas Weg ins „Heartland“ nicht leicht sein wird. Während das Unternehmen US-weit einen Marktanteil von 17 Prozent hat, sind es in diesem Teil des Landes zwischen 5 und 10 Prozent.

Das zu ändern versucht man auf zwei Arten: Zum einen mit dem passenden Produkt. Mit dem Tundra hat Toyota den ersten großen Pickup-Truck auf den Markt gebracht. Trucks waren bislang die Domäne der „großen Drei“, also von GM, Ford und – durch die Dodge-Marke – von Chrysler.

Mit dem Tundra hat nun auch der Farmer in Ohio einen maßgeschneiderten Toyota – wenn er ihn denn will. Dazu braucht das Unternehmen einen Image-Wandel: Toyota will amerikanisch werden. Der Tundra wird in San Antonio im Bundesstaat Texas gefertigt. Und dort, wie auch an anderen Orten in den ganzen Vereinigten Staaten, engagiert sich der Konzern zunehmend außerhalb der Werksgelände:

Ganz amerikanisch gibt man bereits mehr als 5 Millionen Dollar pro Jahr für Lobbyisten aus. Davon abgesehen fließt Geld aber auch in die Kommunen. Toyota wirbt bei Angel-Wettbewerben und auf dem Viehmarkt. Man finanziert Lese- und Schreib-Programme für Legastheniker. Lokale Krankenhäuser unterstützt man nicht nur mit Spenden, sondern mit Fortbildungen, in denen Manager effizienteres Wirtschaften lernen. Sogar auf die direkte Konkurrenz geht man zu: Toyota hat Ford angeboten, technisches Know-How zu teilen. „Toyota bürgert sich immer mehr ein“, lobt Jim San Filippo, ein Analyst bei den Unternehmensberatern von Automotive Marketing Consultants.

Auf dem Weg zur Nummer Eins der Auto-Branche ist das dringend notwendig. Denn zur Zeit hat Toyota noch gehörig Angst vor der Spitzenposition. CEO Katsuaki Watanabe gab das jüngst in einem Interview mit der Business Week unumwunden zu. Mit dem Erfolg käme man nämlich auch immer mehr ins Rampenlicht, werde immer kritischer beäugt. Bis das stattfindet, will das Unternehmen sich möglichst eingebürgert haben.

Als Maßstab dürften Leute wie Mike Foster gelten. Der Bauarbeiter aus Texas hat fast 200 000 Meilen auf seinem Ford Pickup und sagt voller Stolz: „Ich habe noch nie einen japanischen Wagen gekauft.“ Er weiß wohl, dass Toyota längst in den USA fertigt und damit ebenso wie GM und Ford auch amerikanische Jobs sichert – „doch das Geld fließt zurück nach Japan.“ Es dürfte noch viel Wind über die Prärie wehen, bis Foster Toyota nicht mehr als Fremdling ansehen wird – doch erst dann ist das Unternehmen an der Spitze der US-Autobranche angekommen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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