Der Staat, die Airlines und die Lobby
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Der Billig- und Überflieger JetBlue ist wegen Schnee, Eis und Miss-Management zum Gespött an der Wall Street und im Late-Night-TV geworden. Doch das Schlimmste: Man muss den Millionen-Schaden selbst tragen, kann sich nicht auf weitere Hilfe der Regierung verlassen.
Das ist ungewöhnlich für die sonst so verwöhnte Airline-Branche, denn in den letzten Jahren hatte es sich geradezu eingebürgert, dass die Regierung angeschlagenen Unternehmen zur Seite sprang. Der Grund: Die Branche war direkt nach und auch wegen der Terror-Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001 in Schwierigkeiten geraten – die Folgen einer nationalen Katastrophe wollte Uncle Sam nicht den Unternehmen selbst aufbürden.
Doch war die Branchenkrise, die zahlreiche Traditions-Carrier an den Rand oder in den Ruin trieb, nur teilweise von 9/11 bedingt. Die Katastrophe kostete American und United Airlines nicht nur jeweils zwei Flugzeuge, zahlreiche Mitarbeiter und sorgte für ein schwer zu bewältigendes Trauma. Sie verdarb dem halben Land auch zunächst einmal die Lust auf´s Fliegen – die Buchungen nahmen rapide ab.
Doch auch der steigenden Ölpreis und damit immer teureres Flugbenzin erschwerten den Unternehmen die Geschäfte. Ebenso die unflexiblen Verträge mit Piloten, Besatzung und Bodenpersonal. Dazu kamen der schlechte Service an Bord und weitere Management-Pannen, wie ein Millionen-Bonus, den sich der damalige AMR-Boss Don Carty genehmigte, kaum dass er die Gehälter der Mitarbeiter erfolgreich gedrückt hatte. Alles in allem gelang der Branche in den letzten Jahren nicht allzuviel, doch nicht alles konnte man auf 9/11 schieben.
Die Regierung sprang den Unternehmen dennoch zur Seite und gab in den letzten Jahren eine Finanzspritze von mehr als 15 Milliarden Dollar. Ob das sinnvoll war, ist unter Experten – und Wählern! – noch immer umstritten. Doch ein kleiner Passus, den die Autoren des damaligen Airline-Unterstützungs-Gesetzes in die Vorlage aufnahmen, lässt den Staat zumindest zum Teil an der Erholung der Branche teilhaben.
Jon Corzine, Demokrat aus New Jersey, und Peter Fitzgerald, Republikaner aus Illinois, die Autoren des Gesetzes, haben beide Erfahrung im Finanzsektor: Corzine als ehemaliger CEO von Goldman Sachs und Fitzgerald als Berater einer Privatbank. Die beiden sorgten dafür, dass die unterstützten Airlines Uncle Sam Optionen überschreiben mussten. Kauf und Verkauf der entsprechenden Papiere für Frontier und America West haben bisher 119 Millionen Dollar in die Staatskasse gebracht, weitere 130 Millionen Dollar liegen in Papieren von World Airways.
Stellt sich die Frage: Warum wird Uncle Sam nicht regelmäßig für Zahlungen an Unternehmen mit Optionen bedacht? Immerhin hat sich das System schon in der Vergangenheit ausgezahlt. Als die Regierung 1979 Chrysler aus der Klemme half, bekam man Optionen, die später 300 Millionen Dollar einbrachten. Schießt der Staat hingegen 21 Millionen Dollar in die HIV-Forschung, wie neulich beim Pharmazeuten Argos geschehen, ist von einer Beteiligung nirgends die Rede – nicht einmal, wenn die staatlich finanzierte Forschung zu Rekordgewinnen für das Unternehmen führt.
Nun, warum lässt sich Uncle Sam nicht regelmäßig am Unternehmenserfolg beteiligen? Laut Experten in Washington fehlt es nicht an Ideen und Gelegenheit. Vielmehr scheinen die mächtigen Lobbyisten den Politikern regelmäßig solche Spielchen auszureden. Die Unternehmen wollen im Erfolgsfall alleine kassieren, und dank großzügiger Wahlkampfspenden haben sie genug Macht, das auch durchzubringen.
Im Falle der Airline-Branche hatte Uncle Sam letztlich auch nur Glück. Gesetzes-Autor Fitzgerald, der 2005 seinen Seatsposten aufgegeben hat, erinnert sich: „Die Fluggesellschaften waren so unorganisiert, sie konnten sich selbst nicht einigen, was für sie am besten wäre.“ Von diesem Miss-Management profitierte der Staat.
Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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