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Alt 06-02-2007, 18:02   #617
Starlight
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Die „großen Drei“ verlieren Gewicht

Die amerikanische Automobil-Industrie rollt weiter in Richtung Pannenstreifen. Seit Monaten sinken die Verkaufszahlen von GM und Ford, und so steht demnächst eine historische Marktverschiebung an: In den nächsten Monaten dürften importierte Wagen erstmals die Mehrheit aller Verkäufe ausmachen.

Bereits im Januar waren 49,4 Prozent aller in den USA verkauften Wagen Importe. Schon im nächsten Monat, auf jeden Fall aber im Laufe des Jahres, dürften Toyota, Honda & Co. die 50-Prozent-Marke knacken und die einheimischen Hersteller erstmals überholen. Damit rechnen die Experten von Autodata, einem Institut, das sich mit den Verkaufstrends der Branche beschäftigt.

Die lassen sich übrigens schon seit geraumer Zeit nur noch mit einigen Tricks positiv für die US-Firmen auslegen. Denn dass GM, Ford und DaimlerChrysler überhaupt noch die Mehrheit halten, liegt an zwei statistischen Kniffen: Man zählt die Verkäufe an die Autovermieter hinzu, die bekanntlich direkte Ableger der Hersteller sind – Hertz von Ford, und Alamo von General Motors. Und man rechnet die eigenen Import-Marken in die US-Statistik. So zählen die Saab-Zahlen zu GM, Volvo, Jaguar und Land Rover werden unter Ford geführt und Mercedes-Benz unter DaimlerChrysler.

Ohne solche Rechnereien hätten nicht-amerikanische Wagen längst die „großen Drei“ überholt.

Der Grund liegt für Autodata auf der Hand: Die amerikanischen Hersteller haben zu langsam und zu wenig engagiert auf die veränderten Wünsche der Verbraucher reagiert. Denen geht es in Zeiten hoher Benzinpreise nur noch um eines: einen sparsamen Motor. Den liefern die asiatischen Modelle serienmäßig, während er bei den US-Schlitten noch immer die Ausnahme ist. GM und Ford haben viel zu lange den Schwerpunkt auf monströse Trucks und SUV gelegt, deren hohe Margen kurzfristig die Bilanz hatten verbessern sollen.

Ironischerweise können es sich nun die Japaner leisten, in den Markt für große Maschinen einzusteigen. Toyota führt in diesem Jahr mit dem Tundra den ersten großen Truck in den USA ein. Die Experten von Autodata rechnen damit, dass dieser Schritt – und die Markteinführung des neuen Honda Accord Sedan – endgültig den Machtwechsel herbeiführen.

In einem kurzfristig rückläufigen Ölpreis finden amerikansiche Hersteller übrigens kaum Trost. Die Preisschwankungen an den Rohstoffmärkten machen sich an der Zapfsäule nur in geringem Umfang bemerkbar, und während der Hauptreisezeit im Sommer dürfte die Gallone Normalsprit vermutlich wieder um die 3 Dollar kosten. Diese Schallgrenze hatte im vergangenen Jahr zu einer massiven Nachfrageverschiebung geführt. Auch der patriotischste Ami in Midwest schaute sich plötzlich bei den asiatischen Herstellern um.

Bei GM sieht man der Trendwende am heimischen Markt übrigens weiter gelassen entgegen. „Es geht nicht darum, wer 50 Prozent oder mehr verkauft“, wiegelt Firmensprecher John McDonald ab. „Es geht nicht um die Marktführerschaft, sondern darum, Geld zu machen.“ Interessanterweise könnten sich die US-Hersteller auch in diesem Zusammenhang von den Asiaten eine Scheibe abschneiden. Toyota hat am Dienstagmorgen ein Gewinnwachstum gemeldet und die Erwartungen geschlagen. Bei GM und Ford kann man von solchen Quartalen zur Zeit nur träumen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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