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Alt 02-02-2007, 21:08   #616
Starlight
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Google glänzt, und verliert

„Google räumt ab“, hieß es in ersten Schlagzeilen nach der Quartalskonferenz der Suchmaschine. „Google verdreifacht den Gewinn“, hieß es und „Google schlägt alle Erwartungen“. Da drängt sich eine Frage auf? Warum gibt das Online-Papier im Handel mehr als 10 Dollar ab?

Anleger erkennen am Donnerstag wieder einmal, wie komplex ein Quartalsbericht sein kann und wie viele Erwartungen er im Detail erfüllen muss. Denn es kommt eben nicht nur auf die Eckdaten an. Mit Umsatz und Gewinn liegt Google für die vergangenen drei Monate besser als erwartet, die Marktanteile gegenüber anderen Internet-Portalen sind stabil und es sieht ganz und gar nicht danach aus, als würde Corporate America die Ausgaben für Online-Werbung bald zurückfahren.

Im Gegenteil: Die Branche wächst, und so stellt sich bei Google eigentlich nur eine Frage: Reicht Wachstum auf einer Schiene langfristig aus, oder steht der farbenfrohe Googleplex mit seinem geradlinigen Geschäftsmodell auf einem wackligen Fundament. Denn außer Einnahmen durch Werbung hat das Unternehmen nichts vorzuweisen.

Das besorgt einige Anleger, zudem scheint nicht ganz klar zu sein, wie kontrolliert Google sein Geld ausgibt. Die Akquisition der Video-Seite Youtube.com war im vergangenen Jahr eine der größten Schlagzeilen im Hightech-Geschäft. Im Gespräch mit Analysten konnte (oder wollte) Google-CEO Eric Schmidt aber nicht konkretisieren, wie genau Google Geld bringen könnte.

Sicher, das Management dürfte wohl Ideen haben und einfach keine Lust, streng nach Kalender vierteljährlich darüber zu plaudern. Und angesichts des Umsatzwachstums, das der Überflieger seit seinem Börsenstart vorweisen kann, sind allzu harsche Zweifel nicht einmal angebracht. Und doch: Angesichts der Performance der Aktie und des Preises – immerhin ist Google zuletzt auf über 500 Dollar pro Papier geklettert – sind Anleger eben auf Perfektion aus. Jede Unsicherheit, jede offene Frage kann das Papier belasten, auch wenn sich dahinter vielleicht nur Taktik verbirgt.

Google gehört also am Donnerstag zu den Verlierern im Handel, im Googleplex im sonnigen Silicon Valley dürfte das aber keinem Sorgenfalten in die Stirn treiben. Anleger erkennen am Beispiel der Suchmaschine lediglich einmal mehr, dass nackte Zahlen bei einer Quartalskonferenz längst nicht alles sind.





Saudis beenden ein Öl-Missverständnis

Die Wall Street hat ein eingebautes Kommunikationsproblem. Langfristig operierende Unternehmen wünschen sich einen ruhigen, stetig wachsenden Markt. Händler indes profitieren von täglichen Kursschwankungen – und leben von den Informationshäppchen der Unternehmen. Missverständnisse sind vorprogrammiert.

Zu einem solchen Missverständis kam es in den letzten Tagen in den Öl-Pits. Die Aufregung war groß, als vor einer Woche der saudi-arabische Öl-Minister Ali al-Naimi mit der Auffassung zitiert wurde, er sehe zur Zeit für die Opec keine Notwendigkeit, die Förderquoten zu senken. Nachdem der Ölpreis zuletzt von 70 auf 50 Dollar eingebrochen war, war das ein merkwürdiges Statement – und doch ein wegweisendes. Denn Saudi-Arabien als größter Förder-Staat hat Gewicht in der Opec.

Wo al-Naimi hingeht, marschieren die übrigen Staaten hinterher. Nicht ohne aufzumucken, vor allem nicht in den letzten Tagen. Venezuela und der Iran hatten eben erst eine Kürzung der Förderquoten beantragt, um die fallenden Rohstoffpreise aufzufangen. Doch mittlerweile scheint klar: Al-Naimi wollte ihnen keinen Strich durch die Rechnung machen – im Gegenteil: Der Markt hatte den Minister falsch verstanden, und eine Woche später ist das bewiesen.

Saudi-Arabien wird ab Donnerstag seine Förderquoten um weitere 158 000 Fass pro Tag senken. Insgesamt wird der Wüstenstaat damit seine Förderung in den vergangenen sechs Monaten um eine Million Fass zurückgeschraubt haben und damit doppelt so stark wie von der Opec beschlossen. Das Land setzt damit ein Zeichen, zumal die Opec bislang dafür bekannt war, dass Förderquoten zwar großzügig beschlossen, aber nachher nicht umgesetzt werden.

Die Erklärung dafür ist naheliegend: So sehr den Mitgliedstaaten an einem hohen Ölpreis und stattlichen Margen gelegen ist, so sehr kommt es die Länder kurzfristig teuer zu stehen, unter ihren Kapazitäten zu fördern. Die Margen sind höher, die Gesamterlöse aber niedriger – oftmals war die Unterschrift der Öl-Minister das Papier nicht wert, auf das die Quotenkürzungen geschrieben waren.

Ganz anders könnte dies nun werden, wenn sich andere Opec-Staaten an die Förderpolitik Saudi-Arabiens halten. Dort will man den Ölpreis über 55 Dollar pro Fass halten – und ist fest entschlossen, zugunsten der Margen kurzfristig auf höhere Gewinne zu verzichten. Allzu hoch dürfte der Ölpreis trotzdem nicht gehen, wie die Rohstoff-Experten von PFC Energy vermuten. „Die Saudis fürchten, mit zu hohen Ölpreisen das Wirtschaftswachstum zu bremsen und langfristig für eine sinkende Nachfrage zu sorgen“, meint PFC-Analyst Roger Diwan.





Football-Indikator im Abseits

Die Sport-Nation USA steht vor ihrem größten Wochenende: Am Sonntag treten die Chicago Bears und die Indianapolis Colts in Florida zum Super Bowl an. Das Finale der Football-Meisterschaft hält nicht nur die Fans in Atem, sondern auch die Wall Street – wenngleich kaum einer den legendären Super-Bowl-Indikator ernst nimmt.

In diesem Jahr schon gar nicht, denn eine Umstellung der amerikanischen Football-Liga hat das alte System ins Wanken gebracht, an dem sich die Wall Street so lange erfreut hatte. Das hatte nämlich im Super-Bowl jeweils den Sieger der American League (AFL) und den Sieger der National League (NFL) zusammengebracht. Eine Laune des Weltgeists wollte es, dass nach einem Sieg des NFL-Teams die Börse bis Jahresende kletterte und nach einem Sieg des AFL-Teams nachgab. Die Trefferquote des Index liegt bei 80 Prozent und damit höher als bei manchem konjunkturell begründeten Index.

Das Problem in diesem Jahr: Nach einer Restrukturierung der Liga stehen sich am Sonntag zwei Mannschaften gegenüber, die beide ihre Wurzeln in der National League haben. Das wäre so weit so gut, denn damit hat der Aktienmarkt in 2007 gute Karten, unabhängig davon, wer das entscheidende Field Goal schießt.

Doch raten Experten davon ab, im Football-Fieber nun größere Beträge in Aktien zu investieren. Denn so beeindruckend eine Trefferquote von 80 Prozent ist, gibt es doch zweierlei zu bedenken: Zum einen lag der Index ausgerechnet in den vergangenen fünf Jahren immer wieder daneben und hat an Magie eingebüßt.

Zum anderen ist trotz der hohen Korrelation völlig klar, dass Football und Börse nichts miteinander zu tun haben. Es gibt noch viele andere Indizes, die seit Jahrzehnten fast parallel mit den S&P-500 verlaufen. Der kalifornische Ökonom David Leinweber hat im Datenwust der UNO einen Chart gefunden, der dem amerikanischen Aktienmarkt fast punktgenau gleicht – er beschreibt die Butterproduktion in Bangladesh. Einen ähnlichen Verlauf zeigen der internationale Flugverkehr und die Eiskrem-Produktion in Amerika, wie ein Professor aus Neuseeland jüngst herausfand.

Dass sich die Wall Street mit dem Super Bowl beschäftigt, hat trotz allem einen guten Grund. Das größte Sportereignis des Landes ist an sich ein Wirtschaftsfaktor. Rund um Miami sind die Hotels ausgebucht, für Flüge nach Florida gilt dasselbe. Wer nicht live dabei sein kann, unterstützt die heimische Gastronomie. Sportbars zwischen New York und Los Angeles werden schon am frühen Morgen voll besetzt sein, denn die Übertragung beginnt lange vor den Anpfiff.

Insgesamt sendet CBS zehn Stunden Super Bowl, inklusive der Halbzeit-Show von Prince und einer Einlage von Billy Joel und dem Cirque du Soleil. CBS ist einer der größten Gewinner am Sonntag, man rechnet mit höheren Werbeeinnahmen als je zuvor. Eine Minute kostet 2,3 Millionen Dollar, wenige Tage vor dem Spiel sind fast alle Werbepausen ausverkauft.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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