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Alt 25-01-2007, 20:36   #612
Starlight
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Skandal im Kaminzimmer

Dass Maria Bartiromo für den amerikanischen Börsensender CNBC die größten Konzernlenker in Corporate America interviewt, hat sie zu einer der wichtigsten Journalistinnen auf dem Parkett gemacht. Dass sie ihre enge Beziehung mit dem Journalismus direkt verknüpft haben soll, könnte sie jetzt aber vom Thron stürzen.

Maria Bartiromo, deren attraktives Äußeres ihr den Beinamen „Money Honey“ und Prominenz auch über Börsenkreise hinaus eingebracht hat, ist in einen Skandal verwickelt, der mitten in die Zentrale der Citigroup führt, dem größten amerikanischen Finanzhaus. Dort saß bis vor kurzem Todd Thompson als Chef der Vermögensvewaltung. Er hielt engen Kontakt zu Bartiromo – offensichtlich zu engen Kontakt.

Nach Vermittlung von Thompson flog die Journalistin im Citigroup-Firmenjet zu einer Veranstaltung nach China – und zurück. Letzteres blieb den ordentlichen Mitgliedern der Citigroup-Delegation verwehrt, sie mussten sich um ihren Rückflug selbst kümmern und kosteten den Arbeitgeber so eine Menge Geld.

Außerdem sponserte die Bank mit 5 Millionen Dollar das Konzept einer Fernsehsendung auf dem Sundance Channel, die vom „Money Honey“ moderiert werden sollte. Dazu wird es nicht kommen. Bartiromo ist aus der Sundance-Planung verschwunden, ebenso wie Thompson aus dem Management der Citigroup.

Bartiromo stolperte über ihre zu engen Verbindungen, die in den Augen vieler Beobachter den journalistischen Ehrenkodex verletzt haben. „Die genaue Beziehung zwischen Bartiromo und Thompson muss aufgeklärt werden“, fordert Bob Steele, ein Ethik-Spezialist vom Poynter Institute für Journalismus. Und auch Deni Elliott, Medien-Ethiker der Universität von St. Petersburg/Florida, glaubt, dass Flüge im Citigroup-Jet – obwohl von CNBC bezahlt – zu weit gehen. „Journalisten haben auch zu anderen Gelegenheiten Zugang zu CEOs.“

CNBC hat bisher zu der Affäre keine Stellungnahme abgegeben. Maria Bartiromo ist zur Zeit weiter auf dem Sender und berichtet in dieser Woche aus Davos.

Damit sitzt sie offensichtlich fester im Sattel als Todd Thompson, der seinen Stuhl bei der Citigroup bereits räumen musste. Dafür wiederum ist nicht nur seine unsaubere Beziehung zu den Medien verantwortlich, sondern Thompsons allgemeiner Mangel an gesundem Menschenverstand. Dass er sich beispielsweise einen offenen Kamin in sein Büro in der New Yorker Zentrale einbauen ließ, wollte Citigroup-CEO Chuck Prince keineswegs als Kleinigkeit durchgehen lassen.

Das kann er auch nicht, unabhängig davon wie winzig der Kostenaufwand im Vergleich mit dem Milliarden-Umsatz der Bank ist. Denn Prince übernahm die Citigroup von seinem Vorgänger Sandy Weill nicht weil dieser nach getaner Arbeit seinen Ruhestand genießen wollte. Sondern vielmehr, weil Weill in zahlreiche Wall-Street-Skandale verwickelt war, von geschönten Analysten-Empfehlungen bei der damaligen Tochterfirma Solomon Smith Barney bis hin zu Enron.

Chuck Princes Hauptaufgabe war es also, nicht nur den größten Bankenriesen des Landes nach dem Motto „business as usual“ weiterzuführen, sondern vielmehr dessen Image wieder herzustellen. Charakterfehler wie die von Todd Thompson kann man sich da nicht leisten, zumal Prince sich nicht auf Zahlen berufen kann, die seine Amtsführung über alle Zweifel erheben würden.

Im Gegenteil: Seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren hat die Dow-notierte Citigroup-Aktie zwar um 30 Prozent zugelegt. Die Konkurrenz steht aber besser da: J.P. Morgan, die Bank of America und HSBC blicken im gleichen Zeitraum auf Kursgewinne von 55 Prozent, die Deutsche Bank auf 121 Prozent und Goldman Sachs gar auf 155 Prozent.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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