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Alt 08-01-2007, 22:00   #605
Starlight
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Die Woche der Rohstoffe

Dass die erste Handelswoche traditionell den Trend für den Januar vorgibt und der Januar den Trend für das ganze Jahr, das will an der Wall Street dieser Tage keiner hören. Eigentlich sollte man ja nicht einmal von einer ersten Handelswoche reden, denn die dauerte ja nur drei Tage lang. Und doch setzte sie einen Trend: Auf absehbare Zeit dürften Rohstoffe das Geschehen an den Märkten bestimmen.

In der neuen Woche dürfte das stärker als sonst der Fall sein. Nach den Preiseinbrüchen bei allen möglichen Industriemetallen – Kupfer hat binnen eines Monats fast 30 Prozent abgegeben, auch Alu, Platin, Silber und Palladium ziehen nach unten – rechnen viele Experten mit einer konjunkturellen Abkühlung.

Der Aktienmarkt leider darunter gleich doppelt: Indirekt, weil in einer schwachen Konjunktur auch die Unternehmen kürzer treten und Anleger aus dem Markt drängen. Und direkt, weil ausgerechnet die Rohstoff-Unternehmen, also Ölförderer, Minen und Metallverarbeiter unter Druck kommen und deren Aktien satte 45 Prozent des marktbreiten S&P-500-Index ausmachen.

Ein Unternehmen steht in den nächsten Tagen mehr als sonst im Mittelpunkt: Alcoa. Der größte amerikanische Alu-Konzern wird am Dienstag Quartalszahlen und einen Ausblick vorlegen. Analysten rechnen vorab mit einem Umsatz von 7,6 Milliarden Dollar, was einem Wachstum von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal entspräche. Der Gewinn soll bei 66 Cent pro Aktie liegen, fast doppelt so hoch wie im Vergleichszeitraum.

Dieses satte Wachstum wäre fast ausschließlich dem Aluminiumpreis zuzuschreiben, der im Jahr 2006 rasant zugelegt hat. Doch das Metall, das in Flugzeugrümpfen ebenso Verwendung findet wie in Felgen und Cola-Dosen, scheint die höchsten Preise hinter sich zu haben. Sinkende Nachfrage aus der Industrie hat zu einem Preissturz geführt, und keiner kann darüber besser berichten als Alcoa, weshalb die Wall Street am Dienstag sehr genau hinhören wird.

Der andere wichtige Rohstoff der neuen Woche wird Öl bleiben. Das schwarze Gold ist ohnehin stets von Interesse für den Markt, weil es nicht nur eine der mächtigsten Industrien finanziert, sondern auch als Rohstoff von allen anderen Branchen ebenso gebraucht wird wie vom Konsumenten. Vor allem der freut sich normalerweise über einen sinkenden Ölpreis. Doch hat sich der zuletzt rapide Verfall am Öl-Markt keineswegs auf die Heizöl- oder Benzinpreise umgeschlagen. Insofern sind niedrige Ölpreise – auch hier ist die Nachfrage eingebrochen, am Wochenende wurden in manchen Teilen der USA mehr als 20 Grad Celsius gemessen – plötzlich auch eher ein negativer als ein positiver Faktor.

Die neue Woche, in der das Handelsvolumen gegenüber den ersten Tagen des Jahres noch einmal deutlich zulegen wird, dürfte noch einmal schwierig werden für die Wall Street. Vor allem, weil die Indizes weiter auf Höchstständen notieren, auf denen sie für konjunkturelle Unsicherheit wenig Toleranz zeigen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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