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Alt 04-01-2007, 20:43   #601
Starlight
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Google-Kunden wehren sich

2007 droht für die Wall Street das Jahr der Wahrheit zu werden. Darauf lassen schon die Entwicklungen der ersten Tage schließen. Die Notenbank hat die Bären auf den Plan gerufen, die Umsätze in Einzelhandel und Automobilbranche sind schwach, der Arbeitsmarkt auch, und jetzt geht es sogar einem Hightech-Überflieger an den Kragen.

Keine Aktie hat in den letzten Jahren eine derart starke Performance gezeigt wie Google. Überhaupt ist die Suchmaschine wohl die größte Erfolgsgeschichte des neuen Millenniums. Das einstige Start-Up ist binnen weniger Jahre zur Weltmarke geworden, die Sprachschöpfung „googeln“ hat es als Verb in die Wörterbücher und den Alltag gebracht. Und für geschickt platzierte Werbung zahlten Anzeigenkunden immer höhere Preise – in umkämpften Kategorien wie Immobilien und Autos boteten sich Konkurrenten gar in Versteigerungen aus.

Den Umsatz mit Online-Werbung bezifferte Google zuletzt auf 7 Milliarden Dollar für das abgelaufene Jahr, damit verbucht man für 2006 ein Wachstum von 80 Prozent.

Doch nun scheint eine Grenze erreicht zu sein. Im laufenden Jahr soll das Wachstum auf unter 50 Prozent zurückgehen. Und wenngleich das noch immer eine beeindruckende Zahl ist, zeichnen sich weitere Rückgänge ab. Denn zahlreiche Firmen wollen ihre Ausgaben für Werbung im neuen Jahr zurückschrauben, und am allermeisten will man bei Google sparen.

Vor allem mittelgroße Händler wie der Handtaschenversand eBags.com dürften künftig kürzer treten. eBags.com-Gründer Peter Cobb erklärt warum: In seinem Geschäftsfeld und dem damit verbundenen Suchbegriff (eben: Handtaschen) seien die Kosten für Google-Werbung fast halb so hoch wie der Preis des beworbenen Produkts. Einen solchen Margenfresser will man sich nicht länger leisten. Die Ausgaben für Google-Werbung – bisher 75 Prozent des etwa 8 Millionen Dollar starken Budgets – sollen sinken.

Im Management von Google dürfte das einigen Leuten Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Auf ein paar Millionen Dollar eines Handtaschenhändlers kann man zwar verzichten, doch scheinen mittlerweile zahlreiche Unternehmen ähnlich zu fühlen wie Peter Cobb. Der amerikanische Nachrichtendienst Marketwatch hat in einer Blitzumfrage gleich sechs Unternehmen gefunden, deren bisherige Google-Kosten von 4 bis 10 Millionen Dollar künftig deutlich sinken sollen.

Damit wiederum ist Googles bisheriges Erfolgsrezept direkt in Gefahr. Denn obwohl das Unternehmen in jüngster Zeit immer wieder neue Produkte vorstellte – darunter Suche in Büchern, den Karten- und Satelliten-Dienst Google World oder den Email-Provider Gmail –, hatte doch alles immer nur ein Ziel: Bezahlte Anzeigen besser zu platzieren und immer höhere Preise für jeden Quadratzentimeter zu erzielen.

Nun scheint – zumindest bei einigen Kunden – eine Schmerzgrenze erreicht zu sein, Google ist zu teuer. Denn interessanterweise wollen die Unternehmen nicht allgemein an den Werbekosten sparen, sondern nur den Google-Anteil senken. Mehr Geld soll künftig in einen Sektor fließen, den die Suchmaschine bestimmt nicht auf der Liste gefährlicher Konkurrenten hatte: Zeitungen, in klassisch gedruckter Form.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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