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Alt 06-12-2006, 19:15   #594
Starlight
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Rätsel um den Arbeitsmarkt

Wie stabil ist die amerikanische Konjunktur? Wie hoch ist die Inflation? Wie stark wächst der Arbeitsmarkt? Was macht der Verbraucher? Gerade in den letzten Wochen des Jahres stehen diese Fragen an der Wall Street im Vordergrund. Der Arbeitsmarkt rückt am Freitag in den Mittelpunkt, vorer gibt es wilde Spekulationen.

Ausgerechnet der Arbeitsmarkt, der vielleicht wichtigste Bereich in der Diskussion über Wohl und Weh der amerikanischen Konjunktur, ist dabei der rätselhafteste. Am Freitag wird man Details erfahren über die Zahl der neuen Stellen, das Lohnwachstum, die Arbeitslosenquote – vorher gibt es die wildesten Spekulationen.

Das private Umfrageinstitut ADP hat ermittelt, dass im November 158 000 neue Stellen geschaffen worden sein sollen. Dazu kommen noch die rund 15 000 im öffentlichen Dienst, die ADP stets ausklammert. Damit würden die Prognosen der Wall Street auf 110 000 neue Jobs im November deutlich übertroffen. Von Euphorie ist man auf dem Parkett aber weit entfernt, denn in den vergangenen Monaten lag der ADP-Index so häufig und so weit daneben, dass Experten auf den Indikator höchstens mit einem Schulterzucken reagieren.

Zumal es noch andere Unstimmigkeiten gibt, die einen allzu optimistischen Blick auf den Arbeitsmarkt verstellen. Da wäre vor allem das Problem der fehlenden Gehaltserhöhungen. Obwohl die offiziellen Arbeitslosenquoten so niedrig sind wie selten zuvor – 1,9 Prozent bei Hochschulabsolventen und 5,8 Prozent bei den anderen –, sind die Löhne und Gehälter im dritten Quartal nur um 4,3 Prozent gestiegen. In den vergangenen Jahren lag dieser Wert zwischen 6 und 8 Prozent. Davon können amerikanische Arbeitnehmer zur Zeit nur träumen, denn auch in 2007 sollen die Zahlungen nicht um mehr als 4 Prozent klettern, wie einige Analysten befürchten.

Das mögen gute Nachrichten sein für die Arbeitgeber, deren Kosten also weniger stark steigen. Der Arbeitnehmer aber ist zugleich der Verbraucher, und er steht hinter zwei Dritteln der amerikanischen Wirtschaft. Da er bereits unter einem schwachen Immobilienmarkt und vor allem im bevorstehenden Winter unter hohen Kosten für Heizöl leidet, zeichnet sich hier ein Problem ab.

Abgesehen davon, dass die schwach steigenden Vergütungen am Arbeitsmarkt einfach nicht zu den starken Statistiken passen wollen, die Washington jeden Monat vorlegt. Die Formel, mit der das Arbeitsministerium die Arbeitslosenquote berechnet, ist ja seit jeher umstritten. Nun häufen sich skeptische Zwischenfragen, man traut dem Frieden nicht.

Die Analysten bei Moody´s sehen allerdings den Fehler weniger in Washington als bei den Unternehmen. Die würden die steigenden Gewinne aus einer verbesserten Profitabilität einfach nicht an die Arbeiter weiterreichen. Jedenfalls jetzt noch nicht. Ein Wendepunkt sei aber sicher nicht mehr fern, meinen die Ökonomen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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