Was bringt der goldene Herbst?
Im Central Park färben sich die Blätter, doch wirklich golden ist der New Yorker Herbst an der Wall Street. Die großen Indizes klettern und klettern, sowohl die Blue Chips als auch der breite Markt haben im September und Oktober um mehr als 6 Prozent zugelegt – dabei gehören die beiden Monate historisch betrachtet zu den schwächsten.
Man fährt dem Markt angesichts einer so starken Performance ja ungern in die Parade. Doch stellt sich kritischen Experten – und die gibt es immer mehr auch auf dem Parkett – die Frage, ob die jüngste Rallye auf einem so soliden Fundament steht, wie man sich das angesichts der historischen Höchststände wünschen werden.
Knappe Antwort: Nein.
Es gibt zahlreiche Faktoren, die den Markt bedrohen. Unklar ist nur, wann das ein oder andere Szenario eintrifft, oder ob eines Tages gar eine Kettenreaktion ausgelöst wird, da alle für den Markt gefährlichen Aspekte irgendwie miteinander verknüpft sind. Fast alle, streng genommen, denn etwas losgelöst von allen anderen Dingen handeln die Rohstoffe. Der Ölpreis hat in den letzten Wochen dramatisch nachgegeben, was dem Markt gut gefallen hat. Doch könnte das schwarze Gold schnell im Preis steigen, wenn die Opec ihre Förderaquoten tatsächlich kürzt, sich die internationalen Krisen wieder etwas vertiefen oder wenn der Winter sehr kalt wird und die Nachfrage steigt.
Doch abgesehen vom Ölpreis bestimmen manche Faktoren den Markt, die sich schnell verschieben können. Da wären die hohen Bilanzdefizite. Die Schulden der USA im Ausland gefährden die Stabilität des Dollar, denn China und Co. könnte eines Tages der Appetit auf den Greenback vergehen. Ein schwächerer Dollar würde steigende Zinsen mit sich bringen.
Steigende Zinsen, die in der aktuellen Einschätzung der Fed-Politik nicht vorgesehen sind, bedrohen den Immobilienmarkt. Geht es für die Häuser weiter bergab, können die Amerikaner aber auch weniger Geld auf ihren Besitz leihen, was die Verbraucherausgaben drücken könnte. Diese stehen aber nicht nur hinter zwei Dritteln der amerikanischen Wirtschaft, sondern wirken sich direkt auf verschiedene Bereiche aus:
So würden sinkende Ausgaben die Unternehmensgewinne beeinträchtigen, und in letzter Konsequenz auch den Arbeitsmarkt.
Das eigentlich Schlimme an dieser Folge von Szenarien: Sie ist nicht unwahrscheinlich. Der Markt hat sich zuletzt über viel Unsicherheit hinweggesetzt. Bisher ist alles gutgegangen. Doch ist die Wall Street keine Einbahnstraße, und im Herbst färben sich bekanntlich die Blätter nicht nur golden – sie fallen auch.
Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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