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Alt 30-10-2006, 21:08   #574
Starlight
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Wal-Mart´s Fashion-Faux-Pas

Wäre alles nach Plan gelaufen, würden sie heute feiern bei Wal-Mart. Eine trendige Mode-Kollektion sollte neues Publikum anlocken, vor allem von außerhalb der Unterschicht. Das hätte die Umsätze gesteigert und den Gewinn über Jahre hinaus hoch halten sollen. Doch so kam es nicht – die Oktober-Bilanz enttäuscht bitter.

Mit einem Umsatzwachstum von 0,5 Prozent blickt Wal-Mart auf den schwächsten Monat seit mehr als sechs Jahren. Das ist umso bitterer als man zunächst mit einem Plus von 2 bis 4 Prozent gerechnet hatte, und nun auch noch unter den später revidierten Erwartungen von 1 Prozent gelandet ist. Doch was CEO Lee Scott mehr grämen wird als bloße Zahlen, ist, dass die Umsätze wohl nicht trotz einer neuen Strategie schwach waren – sondern wegen der neuen Strategie.

Denn Wal-Marts Plan, sich ganz nach dem Modell des Konkurrenten Target ein wenig aus dem Tiefstpreissegment heraus zu wagen, ging völlig daneben. Die Modelinie „Metro 7“ kam nur in einigen ausgesuchten Märkten an. Da half es nicht, dass Wal-Mart eigens die amtierende Miss Universe, Dayanara Torres, als Model angeheuert hatte. „Metro 7“ lag wie Blei in den Regalen, an den schickeren – und teureren Blusen und Hosen liefen die Kunden vorbei.

Ein ebenso bitteres Schicksal war übrigens der Herren-Kollektion „Exsto“ beschert, auch eine Linie von Designer Mark Eisen kam nicht an, und die organischen Baby-Artikel aus der Kollektion „George“ sind auch nicht der Renner.

So enttäuschend das für Wal-Mart ist, ist es doch nicht überraschend. Die Kundschaft des weltgrößten Einzelhändlers will keine organischen Extras und ist auch nicht am trendigsten Outfit interesseiert, sondern ganz allein am niedrigsten Preis. Den hat Wal-Mart, und sonst nichts. Während dem Konkurrenten Target mit Designer-Mode und qualitativ hochwertigen Artikeln schon vor Jahren ein cooles Images gelang – viele Amerikaner sprechen den Laden mit gespieltem französisch „Tar-schee“ aus – ist Wal-Mart am selben Konzept gescheitert.

Der Einzelhandels-Analyst Howard Davidowitz kann nicht fassen, dass das Unternehmen die Gefahren eines Image-Wechsel nicht erkannt hat. „Kaum ein Händler hat ein so gefestigtes Image wie Wal-Mart“, anerkennt der Experte. „Ein solches Image lässt sich nicht so einfach ändern.“ Über die Kleider-Abteilung schon gar nicht. Wal-Mart verkaufe nun mal keine Mode, sondern höchstens Körperbedeckungen.

Wal-Mart CEO Lee Scott stimmt zu. „Wir haben es übertrieben mit der Mode“, meint er. „Wir müssen daran denken, wer wir sind.“

Das Hochpreis-Segment muss Wal-Mart dennoch nicht komplett abschreiben. Mit organischen Lebensmitteln und Elektronikgeräten von Kameras über mp3-Spielern bis hin zu Computern ist dem Unternehmen ein Einstieg bei Kunden oberhalb der Unterschicht gelungen, das noch ausbaufähig ist. Allein, Mode und Design sollte man anderen Händlern überlassen.



Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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