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Alt 25-10-2006, 20:18   #572
Starlight
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Die Sorgen der Öl-Konzerne

Von einer Krise will man in der Öl-Industrie mit Sicherheit nicht sprechen. Doch hat mit ConocoPhilips der erste Energieriese die Quartalserwartungen verfehlt, und weitere Enttäuschungen dürften folgen. Ein Blick hinter die Bilanzen zeigt: Die goldenen Jahre der Branche dürften bereits zu Ende gehen.

Dabei ist es nicht allein der Ölpreis, der der Branche Sorgen macht. Der hat zwar in den letzten Wochen deutlich nachgelassen und notiert aktuell fast 25 Prozent unter seinem Allzeit-Hoch von fast 80 Dollar pro Fass. Doch liegt der Durchschnittspreis für das dritte Quartal noch immer um 12 Prozent über dem des Vorjahresquartals.

Und doch gehen die Gewinne der Konzerne zurück, wie sich bei ConocoPhilips zeigt. Das Unternehmen blickt für die vergangenen drei Monate auf einen Gewinneinbruch um immerhin 15 Prozent und verfehlt damit die Prognosen. Das ist nur zum Teil auf die kurzzeitigen Produktionsausfälle zurückzuführen, die das Unternehmen wegen eines Schadens an der Alaska-Pipeline hinnehmen musste, die man gemeinsam mit BP betreibt. Auch die höheren Produktionskosten allein reichen nicht aus, die schwachen Zahlen zu begründen.

Vielmehr kämpft das Unternehmen mit einem deutlichen Einbruch bei den Erdgas-Preisen. Der hängt vor allem damit zusammen, dass die Förderung im Golf von Mexiko wieder läuft, die im letzten Jahr nach dem Hurrikan Katrina stark gelitten hatte und für mehrere Monate ganz ausgefallen war. Erdgas macht etwa ein Drittel des Umsatzes bei vielen Unternehmen aus, die gemeinhin als Öl-Riesen erklärt werden.

Zu denen gehört natürlich auch ExxonMobil, und der Branchenriese wird am Donnerstag Zahlen vorlegen. Zwar ist vorher nicht abzusehen, ob das Unternehmen die Erwartungen erfüllen wird oder nicht, doch sind diese schon deutlich geringer als die Ergebnisse der vergangenen Quartale hätten erwarten sollen. Immerhin: Vor weniger als einem Jahr verbuchte das Dow-notierte Unternehmen mit einem Gewinn von 10,7 Milliarden Dollar den höchsten Quartalsgewinn, den je ein Unternehmen melden konnte.

Für das abgelaufene Quartal rechnen Anleger noch mit einem Gewinn von 9,7 Milliarden Dollar. Neben den niedrigeren Gaspreisen ist für den Einbruch noch eine weitere Ausgabe verantwortlich: eine Sondersteuer. In den USA mit ihrer Öl-nahen Regierung konnten Exxon & Co. eine solche Abgabe zwar bisher verhindern, nicht aber im Ausland. Großbritannien kassiert mehr denn je für die Öl-Förderung in der Nordsee, und im abgelaufenen Quartal mussten die Unternehmen zum ersten Mal zahlen.

Davon besonders betroffen war natürlich BP, wo man auch den größten Teil der Produktionseinbußen nach dem Alaska-Leck einstecken musste. Entsprechend schwach waren die Zahlen des Konzerns. Ob künftig auch für die Förderung im Golf von Mexiko mehr gezahlt werden muss, oder ob Konzerne nach den Rekordjahren höhere Gewinnsteuern auch in den USA abführen liegt unter anderem am Ausgang einer in zwei Wochen anstehenden Wahl für den US-Kongress. Die Republikaner drohen die Mehrheit in beiden Kammern zu verlieren, was die Öl-Branche nach einigen regierungsnahen Jahren Einfluss kosten dürfte.

Verkaufssignale sehen Analysten in den jüngsten Zahlen aus der Ölbranche deshalb aber nicht. Der Ölpreis ist noch immer höher als im historischen Mittel, das Produktionswachstum ist ansehnlich.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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