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Alt 14-09-2006, 20:30   #539
Starlight
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Immer mehr Zwangsvollstreckungen

Dass der amerikanische Immobilienmarkt abkühlt, hat der Markt bereits erkannt und schon lange befürchtet. Vor allem steigenden Zinsen sorgen dafür, dass immer weniger Häuser verkauft werden. Doch leiden unter den ungünstigen Raten nicht nur potenzielle Hauskäufer, sondern auch Besitzer, die längst eingezogen sind.

Für immer mehr Häuser in den USA wird derzeit die Zwangsvollstreckung eröffnet. Die Zahlen von RealtyTrac, einem Statistikdienst der Immobilienbranche, sind erschreckend: 115 292 Häuser waren im August betroffen, das sind 24 Prozent mehr als im Vormonat und 53 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

Höher sind die Steigerungsraten in einigen bisher besonders starken Märkten: In Florida ist die Zahl der Zwagsvollstreckungen im Jahresvergleich um 62 Prozent gestiegen, in Kalifornien um 160 Prozent und in Nevada, wo vor allem der Immobilienmarkt rund um das Spielerparadies Las Vegas einen jahrelangen Boom hinter sich hat, um satte 255 Prozent.

Die Gründe für die Zwangsvollstreckungen liegen auf der Hand: Immer mehr Hausbesitzer kommen mit ihren monatlichen Hypothekenzahlungen nicht nach. Das Problem ist hausgemacht. Im Kampf um jeden neuen Kunden haben die Banken in Zeiten der niedrigen Zinsen – also bis vor einem Jahr – die traditionellen Hypotheken über 15 oder 30 Jahre immer mehr durch „kreative Kreditmodelle“ ersetzt, die auf den ersten Blick allesamt Schnäppchen waren. Niedrige Anzahlungen und noch niedrigere Raten, die oft nicht einmal den Kredit selbst, sondern nur die Zinsen deckten ließen manchen Mieter zum Käufer werden. Viele machten sich nie Gedanken darüber, dass die Raten nur auf einen kurzen Zeitraum festgelegt waren und nun ansteigen.

Der Unterschied zwischen alten und neuen Raten ist für manchen Kunden enorm: Wer für seinen Kredit über 200 000 Dollar den Zinssatz um markttypische 2 Prozentpunkte angehoben bekommt, zahlt monatlich statt bisher 950 Dollar plötzlich 1200 Dollar. Für viele Familien ist dieser Unterschied nicht tragbar, die Zwangsvollstreckung unausweichlich. Was das ganze von einem individuellen Schicksal zu einem konjuntkurellen Problem macht ist die Masse der zur Zeit angepassten Kredite, die sich nach Branchenschätzungen auf bis zu 500 Milliarden Dollar belaufen dürften.

Unter der Situation leiden übrigens nicht nur die Hausbesitzer, deren vier Wände unter den Hammer kommen. Auch für die Banken stehen harte Zeiten bevor. Denn die Zwangsvollstreckung ist für den Kreditgeber nicht etwa ein Schnäppchen, wie Verbraucher im allgemeinen glauben. Vielmehr stehen die Unternehmen vor Anschreibungen in Millionenhöhe, weil gerade auf einem schwächeren Markt selten die Verkaufspreise erzielt werden, die Kredit, Zinsen und Nebenkosten abdecken.


Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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