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Alt 07-08-2006, 20:54   #527
Starlight
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Sorgen um ein Leck in Alaska

Seit Jahren versuchen die Öl-Multis die Bohrrechte im Naturschutzgebiet ANWR in Alaska zu bekommen – vergeblich. Hauptargument neben dem Schaden für die Umwelt ist die äußerst umstrittene Relevanz der dortigen Vorräte für den Weltmarkt. Mehr Öl soll aus Alaska also nicht kommen. Mit weniger hatte man aber auch nicht gerechnet.

Am Montag steht der Öl-Markt unter Druck, nachdem BP die Förderung in der Prudhoe Bay eingestellt hat. Das größte Fördergebiet auf amerikanischen Boden wird seit 30 Jahren bearbeitet, BP gehört zu den wichtigsten Firmen vor Ort und holt täglich 400 000 Fass aus dem Boden. Auf diese Menge, die 8 Prozent der US-Förderung und 0,5 Prozent der globalen Förderung entspricht, muss der Markt verzichten, seit BP am Wochenende Schäden an einer Pipeline entdeckt hat.

Über eine Strecke von 35 Kilometern seien die Wände der Pipeline äußerst dünn geworden, starker Rostbefall gefährde den sicheren Öl-Transport von der Nordküste Alaskas über Kanada bis in die Vereinigten Staaten. Aufgefallen sei das Problem bei Reparaturarbeiten nach einem Leck, bei dem in den letzten Tagen 4 bis 5 Fass Öl ausgelaufen sind. Die sind mittlerweile wieder aufgewischt, für eventuelle aber in jedem Fall sehr geringe Umweltschäden hat sich das Management bei der Bevölkerung von Alaska entschuldigt.

Mit den Bürgern vor Ort haben es die Öl-Firmen indes nie schwer gehabt. Nicht einmal große Unglücke wie der Untergang der ExxonValdez vor der Küste von Alaska haben der Industrie einen Image-Schaden zugefügt. Und auch die Tatsache, dass der weltgrößte Konzern bis heute keinen Schadenersatz für die Katastrophe von vor 17 Jahren gezahlt hat, kritisiert man im nördlichsten US-Bundesstaat nur ganz leise.

Denn mit den Ölfirmen kam in den Siebzigerjahren das große Geld nach Alaska. Der Bau der Pipeline machte alle vom leitenden Ingenieur bis hin zum einfachen Schweißer reich. So ist auch verständlich, warum ausgerechnet die Leute in Alaska durchaus hinter einer Fördergenehmigung in ANWR stehen. Die heimischen Elche spielen gemessen am potenziellen Geldrausch für die Bevölkerung eine untergeordnete Rolle.

In den übrigen Bundesstaaten sieht man das anders. Da sind republikanische Hardliner und Öl-Lobbyisten die einzigen, die in den Öl-Beständen von ANWR eine dringend abzubauende Resource sehen. Unabhängigen Experten sind die dortigen Vorräte zu klein, die Förderung zu kostspielig und angesichts einer mindestens zwanzigjährigen Verzögerung durch den Bau von Infrastruktur ohnehin keine Lösung aus der aktuellen Preiskrise.

Interessant hingegen, wie sich der Wegfall einer Produktionsstätte auf den Ölpreis sofort auswirkt. Das schwarze Gold klettert zum Wochenstart, die Aktie von BP Prudhoe Bay bricht um 12 Prozent ein. Dabei dürfte der Konzern die kurrzzeitigen Ausfälle locker wettmachen, wenn die Förderung in einigen Wochen weitergeht. Bis dahin könnte der Ölpreis nämlich durchaus über 80 Dollar geklettert sein, die höheren Margen würden das Unternehmen über Leck und Rost hinwegtrösten.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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