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Alt 19-07-2006, 21:13   #515
Starlight
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Bernanke löst eine Rallye aus

Der arme Ben Bernanke. Eigentlich wollte er am Mittwoch die Wogen glätten, als er dem Kongress seine Gedanken zur US-Konjunktur darlegte. Doch moderate Marktreaktionen sind dem Fed-Chef verwehrt: Nachdem die Wall Street schon mehrfach in tiefe Bernanke-Löcher gestürzt ist, ging es diesmal steil auf einen Bernanke-Gipfel.

Die Blue Chips legten gleich dreistellig zu, während der oberste Währungshüter in Washington sprach. Jedes Wort von Beb Bernanke löst eben Volatilität aus. In einem Markt, der nervös auf geopolitische Krisen, steigende Energiepreise, Inflation und Wirtschaftswachstum blickt, fallen Kursschwankungen umso stärker aus.

Die Verluste der Vorwoche einmal außer Acht gelassen, die dem Markt eine technische Rallye auch ohne Bernankes Zutun jederzeit ermöglicht hätten, waren die Reaktionen der Wall Street am Mittwoch tatsächlich wieder einmal übertrieben. Sicher, Bernanke machte einige Statements, aus denen sich Hinweise auf eine mögliche Zins-Pause im August ableiten ließen. Allerdings drückte sich der Fed-Chef gewohnheitsmäßig so vage aus, dass dem Offenmarktausschuss bei der nächsten Sitzung in vier Wochen durchaus alle Wege offen stehen.

Das genau sagte Bernanke auch unumwunden. „Zinspolitik wird in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld gemacht“, so der Chairman. Man werde auch in der nächsten Zeit alle möglichen Konjunkturdaten beobachten müssen, trete dann aber zur Fed-Sitzung „ohne jede vorgefertigte Meinung an“. Will heißen: Die Fed wühlt sich durch den gleichen Datenwust wie jeder sonst an der Wall Street und weiß – angeblich – bis zur nächsten Zinsentscheidung genauso wenig wie der Markt.

Was Anleger indes beruhigte, ist nach dem unerwartet aggressiven Vorgehen der Notenbank in den letzten Monaten die Aussicht, dass die Fed in bezug auf weitere Zinsanhebungen nun doch einlenken könnte. Bernanke sieht das Wirtschaftswachstum leicht rückläufig. Nach einem BIP-Wachstum zwischen 3,25 und 3,5 Prozent in 2006 sei im nächsten Jahr nur noch mit 3 bis 3,25 Prozent zu rechnen. Das spricht gegen eine Zinsanhebung, zumal man auch die Inflation künftig in gleichem Maße rückläufig sieht.

Ganz auflösen werde sich die Inflation indes nicht, so Bernanke. Ein Rückgang bei den Energiepreisen sei nicht zu erwarten, auch die Häuserpreise und damit die Mieten dürften anhaltend hoch bleiben. Die Fed indes könne sich für eine gewisse Zeit damit abfinden, dass die Kerninflation über dem angestrebten Bereich liege. Das wiederum beruhigt Anleger, die einem August-Meeting der Notenbank nun wesentlich gelassener entgegensehen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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