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Alt 30-06-2006, 21:02   #507
Starlight
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Superman hilft Corporate America

Die Welt braucht Helden: Das Schicksal der Wall Street hängst an Ben Bernanke, der deutsche Fußball verlässt sich ganz auf Jürgen Klinsmann. Für alle anderen ist Superman zuständig, der ab diesem Wochenende gegen das Böse kämpft – und für die Umsätze bei Warner Brothers, Burger King, PepsiCo, Duracell und vielen anderen.

Ob Superman seiner Aufgabe gerecht werden und Corporate America durch flaue Sommerwochen tragen kann, ist allerdings nicht unumstritten. Der Held mag durch Mauern blicken und fliegen können, übermenschliche Kräfte haben und unverwundbar sein. Doch ob er ein Vierteljahrhundert nach seinem größten Leinwandabenteuer noch einmal zig Millionen Fans ins Kino locken kann, ob er den Cola-Verkauf oder die Nachfrage nach Alienware-Notebooks und Klamotten von Belstaff ankurbeln kann, ist nicht sicher.

Manche Analysten sind von vorab pessimistisch: Der Marken- und Marketingspezialist Rob Frankel sieht für die meisten offiziellen Superman-Partner schwarz. „Superhelden haben viel von ihrer einstigen Wirkung verloren“, meint er und schreibt das nicht zuletzt dem Promi-Overkill der letzten Jahre zu. Es kaufe keiner mehr eine Handtasche, nur weil irgendeine Sängerin diese trage, meint Frankel, und so werde das Superman-Logo auch kaum einen Kunden überzeugen, ausgerechnet einen Fernseher von Samsung oder Motoröl der Marke Quaker State zu kaufen.

Von allen Promotionen dürfte am Ende nur einer profitieren: Superman selbst, dessen auf allen möglichen Produkten und Broschüren gegenwärtiges Konterfei vielleicht doch den ein oder anderen Fan ins Kino lockt. Das wiederum freut das Management bei Time Warner, dem Mutterkonzern von Warner Bros., die „Superman Returns“ als teuersten Streifen aller Zeiten produziert hat und damit ein großes Risiko eingegangen ist.

260 Millionen Dollar hat das zweieinhalbstündige Spektakel gekostet, dessen Spezialeffekte noch atemberaubender sein sollen als alles bisher dagewesene. Dass Superman nun aber durch explodierende Flugzeuge fliegen und sonstige Tricks in Farbe und Stereo aufführen kann, heißt noch lange nicht, dass Warners Kalkulation aufgeht. Da die Ticketumsätze zwischen Warner und den Kinos geteilt werden, müssen immerhin mehr als 500 Millionen Dollar eingespielt werden – mehr schaffte bisher nur „Titanic“.

Erschwerend kommt hinzu, dass Warner nicht allzusehr auf das Ausland bauen kann. Superhelden laufen dort schlechter als in den Staaten, und während jüngste Kinohits wie „Da Vinci Code“ oder „Terminator 3“ mehr als die Hälfte ihrer Fans in Europa fanden, dürfte das Interesse an Clark Kent und seinen Abenteuern dort verhältnismäßig gering sein.

Ganz hoffnungslos ist das Unternehmen dennoch nicht. „Superman ist immerhin der größte Held aller Zeiten“, beruhigt der Kino-Analyst Gitesh Pandya von Boxofficeguru.com. „Er dürfte deutlich besser laufen als die Konkurrenz.“ Tatsächlich sind die Ticket-Vorbestellungen viel höher als zuletzt bei „Batman Begins“ und „X-Men“. Die Zeichentrickkisten aus Disney/Pixar´s „Cars“ dürfte man ohnehin in der ersten Woche überholen.

Dass Superman von allen Helden der bekannteste ist, macht auch dem Zweifler Frankel ein wenig Hoffnung. Wenngleich die Umsätze mit Kino-Merchandise schwächer wären als vor ein paar Jahren, dürfte Superman doch noch am ehesten die Geldbeutel der Verbraucher öffnen. „Mindestens drei Generationen kennen Superman“, meint Frankel. „So wollen nicht nur die Kids entsprechende Artikel kaufen, sondern auch Vater und Großvater, die bezahlen müssen, freuen sich mit.“

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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