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Alt 27-06-2006, 18:23   #504
Starlight
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GMail, GPack, GBuy… GEverything

Angriff ist die beste Verteidigung, sagt man sich bei Google. Fast regelmäßig einmal die Woche stellt der Online-Konzern ein neues Produkt vor, mit dem man in neue Märkte eindringt und etablierten Konzernen Marktanteile abgräbt. Neuestes Opfer ist das Auktionshaus Ebay, dessen Bezahlsystem PayPal bald mit GBuy konkurrieren muss.

Das wird Ebay umso härter treffen, als man mit PayPal bislang so etwas wie ein Monopol hatte. Der Bezahldienst war der einzige im WWW, über den Kunden Geld versenden konnten, ohne finanzielle Daten wie Kreditkartennummer und Institute preisgeben zu müssen. Hatte PayPal einmal diese Daten, ließen sich Zahlungen auf allen möglichen Einkaufsseiten per Passwort erledigen.

Ganze 11,3 Prozent des Geldverkehrs im Internet laufen zur Zeit über PayPal, damit hat sich Ebay ein gutes Stück vom Kuchen abgeschnitten. Doch nun hält Google die Gabel in der Hand und will mitfuttern. Den zeitlichen Rückstand auf Ebay dürfte man schnell wett gemacht haben. Denn während Ebay-Kunden nach gewonnenen Auktionen fast zwangsläufig zu PayPal gelandet werden, kann Google über seine Suchmaschine alle anderen Internet-Shopper bedienen. Wer auf Google – oder der Einkaufstochter Froogle – nach Waren sucht, bekommt gleich angezeigt, welcher Anbieter GBuy akzeptiert. Ein Klick, und der Kunde landet im Bezahldienst der Suchmaschine, die zudem einen weiteren Vorteil hat:

„Ich werde auf jeden Fall über Google bezahlen“, zitiert das Wall Street Journal am Dienstagmorgen einen Internet-Shopper, der nicht nur die Technologie von Google schätzt, sondern auch die Neutralität des Unternehmens. Anders Ebay nämlich verkauft Google keine Ware selbst und betreibt auch keinen eigenen Marktplatz.

Was Google unterdessen zumindest am Anfang behindern könnte, sind die Kosten für GBuy. Nach ersten Verlautbarungen sollen Verkäufer eine Gebühr von 2,2 Prozent plus 30 Cent an den Bezahldienst richten. Damit verlangt man mehr als PayPal, wo 1,9 Prozent plus 30 Cent pro Transaktion fällig werden. Ebenso wie zahlreiche Ebay-Händler aus Kostengründen PayPal nicht akzeptieren, dürften einige Online-Läden sich gegen GBuy wehren und – wenn überhaupt – den günstigeren von zwei Konkurrenten wählen.

Wie schnell und wie weit Google in den Markt von PayPal und Ebay eindringen kann, ist damit natürlich offen. Klar ist aber, dass das Unternehmen, das einst als einfache Suchmaschine begonnen hat, immer aggressiver wächst. Nachdem man Yahoo und andere Suchmaschinen schon vor Jahren entthront hat, hat sich Google zuletzt mit sämtlichen Internet- und Softwarefirmen angelegt, deren Produkte man irgendwie nachahmen könnte.

So hat Google längst seinen eigenen kostenlosen Email-Dienst, eine Bildertauschseite wie zuvor Yahoo, und seit neuestem einen eigenen Multimedia-Spieler in einer kostenlos herunterladbaren Arbeitsleiste. Dem Computerriesen Microsoft macht Google mit eigenen Textverarbeitungs- und Tabellenprogrammen Konkurrenz, die einst unersetzliche Teile im Windows-Office waren und heute kostenlos im Netz stehen.

Andere Programm, Hilfsprogramm wie Bildschirmschoner und Virenschutz, hat man bereits vor einem Jahr im GPack zusammengefasst und damit einer Vielzahl kleinerer Anbieter Umsatzchancen entzogen.

Auch Apple kommt nicht ungeschoren davon: Seit einigen Wochen stellt Google Video-Kontent ins Netz, der entweder von Werbung finanziert wird (Musikvideos) oder für 1,99 Dollar gekauft werden kann (TV-Sendungen wie „CSI“). Damit wildert man ganz klar in dem Revier, das bisher iTunes bestellt hat.

So schafft sich Google keine Freunde, ist aber zweifelsohne auf Expansionskurs und scheint nicht aufzuhalten zu sein. Anleger begrüßen das. Zwar präsentiert sich Google im Dienstagshandel nicht von der allerbesten Seite, doch steht man im Vergleich zu anderen Internet-Aktien solide im Markt.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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