Iran-Appell beruhigt den Markt
Einen so volatilen Monat wie den Mai hat die Wall Street seit Jahren nicht gesehen. In den ersten Handelstagen arbeitete sich der Markt auf ein Plus von 3 Prozent, stürzte dann tief ab auf ein Minus von 3,5 Prozent – um dann wieder aufzuholen. Der Schub am letzten Handelstag kommt aus der Politik, die Wall Street bedankt sich bei Außenministerin Rice.
Die mächtigste Frau Amerikas hat am Vormittag in Washington eine bemerkenswerte Rede gehalten und ohne große Ankündigung das Konzept der gesamten US-Außenpolitik verschoben. Unter bestimmten Bedingungen sei die US-Regierung bereit, so Condoleezza Rica, sich den Verhandlungen europäuscher Partner mit dem Iran anzuschließen.
Wenn die iranische Regierung umgehend die Anreicherung von Uran stoppe, wären Bush & Co. bereit, sich diplomatischen Gesprächen anzuschließen – eine Option, die bislang undenkbar war, in der aber nicht nur die Amerikaner, sondern auch die Partner in der internationalen Gemeinschaft einen möglichen friedlichen Ausweg aus dem schwelenden Konflikt sehen.
Dieser Konflikt machte sich an der Börse vor allem in den Öl-Futures bemerkbar. Iran ist einer der wichtigsten Förderstaaten des schwarzen Goldes, und die Unsicherheiten um das Atomprogramm und die Angst vor möglichen Produktionsausfällen im Falle eines Krieges oder Ausfuhrstopps hatten die Futures schon mehrfach steigen lassen und das fundamentale Anlagerisiko erhöht.
Kurz nach den Kommentaren von Außenministerin Rice gibt der Ölpreis im New Yorker Handel um 2 Dollar nach und notiert nur noch bei unter 71 Dollar. „Allein die Geste, dass die USA verhandlungsbereit sind, beruhigt Anleger ungemein“, meint James Park vom Brokerhaus Rodman & Renshaw. „Lange Positionen können nachgekauft werden, die übernervösen Shortseller haben ihre Positionen geglättet.“
Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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