Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 22-05-2006, 20:31   #484
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 33.345
Stürmische Zeiten

Als hätte die Wall Street in ihrem aktuellen Abwärts-Strudel nicht schon genug Sorgen, werden nun erneut stürmische Zeiten angekündigt – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Zum Wochenbeginn haben die Meteorologen ihre Hurrikan-Prognose für den Sommer vorgelegt.

Die gute Nachricht vorweg: Die in der nächsten Woche beginnende Hurrikan-Saison soll nicht so schlimm werden wie die letzte, als mit Dennis, Katrina, Rita und Wilma gleich vier Stürme der dritten Kategorie über die USA hereinbrachen und für die größten Wetterschäden in der Geschichte sorgten.

Doch drohen auch 2006 massive Probleme: Bis zu 16 Stürme dürften in diesem Jahr einen Namen bekommen, schätzen die Experten des National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). Einen Namen bekommen Stürme mit Windgeschwindigkeiten ab 60 Stundenkilometer. Ab 119 Stundenkilometern sprechen Meteorologen von einem Hurrikan, und davon soll es bis zu 10 geben.

Bis zu 6 Unwetter könnten die Kategorie 3 oder höher erreichen. Mti Windgeschwindigkeiten ab 200 Stundenkilometern dürften diese „gewaltige bis katastrophale Schäden“ anrichten, so die NOAA.

Die Zahlen für das vergangene Jahr waren schlimmer: Katrina, Rita & Co. waren Kinder einer Saison, in der 28 Tropenstürme tobten und 15 als Hurrikans gewertet wurden. Von den Schäden haben sich manche Regionen in den USA bis heute nicht erholt. In der Gegend zwischen Biloxi und New Orleans, wo Katrina unterwegs war, hat der Wiederaufbau von Häusern erst begonnen. Fabriken liegen brach, frühere Einwohner und Arbeitskräfte sind über das ganze Land verstreut. Selbst ein großer Teil der Öl-Förderung und der Kapazitäten in Raffinerien ist noch immer nicht wieder hergestellt.

Bis zu 105 Milliarden Dollar sollen allein die drei großen Unwetter der letzten Saison gekostet haben, wenn einmal alle Schäden beseitigt sind. Dazu kommen 1300 Menschenleben, die die Hurrikan-Saison des letzten Jahres in die Geschichtsbücher brachten.

Die Vorhersage der NOAA bewegt zum Wochenstart mehrere Branchen, wenngleich die Aktien nicht unbedingt ausschlagen. Doch mit den Prognosen für 2006 im Kopf werden die Versicherungen ihre Policen berechnen, Öl-Konzerne ihre Förderquoten überdenken. Anleger werden ihrerseits die Risiken neu berechnen.

Darüber hinaus wird eine Diskussion erneut beginnen, die Amerika seit Jahren spaltet: Die Hurrikans seien eine direkte Folge des Klimewandels, warnt Greg Holland, der Direktor des National Center for Atmospheric Research in Boulder im US-Bundesstaat Colorado. Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es keine logische Alternative zu der These, dass Treibgase an der zunehmenden Zahl dr Hurrikans vor allem über der Karibik schuld seien.

Corporate America (und die Mehrheit in Washington) will davon nichts wissen und beruft sich auf William Gray, einen Hurrikan-Forscher von der Colorado State University. Der sieht die Unwetter nach wie vor als Zeichen eines Zyklus zunehmendes Sturmaktivitäten, der 1995 begonnen habe nur in fünf bis zehn Jahren abklingen solle. Eine solche Prognose beruhigt die Wall Street indes nicht. Denn fünf bis zehn Jahre mit Katastrophen wie im vergangenen Jahr dürften dem Wirtschaftswachstum in den USA nachhaltig schaden.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten