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Es lebe die grosse Koalition
von Dr. Bernd Niquet
Das Leben ist ja sonst nicht so lustig, da sollte man schon
ab und zu mit lustigen Menschen sprechen, sagt der lustige
Mensch, mit dem ich in diesem Moment spreche. Denn alle Vor-
stellungen, die wir uns machen, sind doch immer falsche Vor-
stellungen, es sind immer Vorstellungen von Vorstellungen und
niemand kann sich so recht vorstellen, dass man sich schon
falsch vorstellt, wovon man hinterher erst recht eine falsche
Vorstellung hat. Das Tatsaechliche ist also tatsaechlich im-
mer anders, oft sogar das Gegenteil von dem, was man sich
tatsaechlich die ganze Zeit ueber vorgestellt hat.
Unsere Regierung muss jetzt also die Steuern erhoehen, sagt
der lustige Mensch, mit dem ich in diesem Moment spreche, und
zwar deswegen, um den Menschen, die dadurch weniger Geld in
der Tasche haben, wieder mehr Geld in die Taschen zu geben.
Das kann man nun verstehen oder nicht, wobei es voellig egal
ist, was man sich vorstellt oder was man sich nicht vor-
stellt, denn die Tatsachen sprechen doch tatsaechlich immer
fuer sich selbst.
Wir haben die groesste Steuererhoehung seit 1949. Jetzt nimmt
man den Reichen das Geld weg, um es den Armen zu geben, weil
man es vorher und jetzt auch noch einmal den Armen genommen
hat und nimmt, um es den Reichen zu geben - und ausserdem hat
die Mehrheit der Bevoelkerung ja klar fuer die grosse Koali-
tion gestimmt. Man muesse sich da nur die Wahlergebnisse an-
schauen, sagt der lustige Mensch, dann sehe man, dass das
richtig ist und dass es natuerlich voelliger Unsinn sei, dass
letztlich niemand fuer die grosse Koalition gewesen waere, da
doch das Wahlergebnis eben tatsaechlich etwas ganz anders
aussage, und zwar voellig egal, ob man sich das jetzt nun so
vorstelle oder nicht.
Und wenn man nicht mehr nehmen koenne, dann muesse man eben
an anderer Stelle weniger geben, um eben an der richtigen
Stelle das Richtige geben zu koennen. Wenn man jetzt das Kin-
derkriegen foerdern wolle, dann waere das beschlossene El-
terngeld natuerlich die richtige Massnahme, meint er.
Schliesslich koennen die Kinder selbst mit dem Geld nichts
anfangen, weswegen es auch durchaus folgerichtig ist, wenn
man zur Finanzierung des Elterngeldes das Kindergeld kuerzen
wuerde.
Wenn das schliesslich nicht reichen wuerde, meint er, und die
grosse Koalition ist da ganz mit ihm einig, dann muesse man
den Eltern eben an anderer Stelle Geld wegnehmen, um ihnen
dann zielgerichtet das Elterngeld gewaehren zu koennen. Na-
tuerlich sei es vorstellbar, meint er weiter, dass das El-
terngeld, dass der Staat fuer das Elternsein gewaehrt, letzt-
lich zweckentfremdet werden koennte und zur Begleichung der
Steuerschuld benutzt werden koennte, welche die Steuererhoe-
hung zur Finanzierung des Elterngeldes im Budget der Eltern
geschlagen habe. Doch daraus einen geschlossenen Kreislauf
abzuleiten, bei dem das Elterngeld komplett wieder zum Staat
zurueckfliessen wuerde und sich so letztlich selbst finanzie-
ren wuerde, waere natuerlich in Anbetracht der Kinder, die ja
nun zusaetzlich mit der Kuerzung des Kindergeldes zurechtkom-
men muessten und der nachfolgenden Generationen, von denen
man nun nicht mehr genau wisse, ob sie durch diese Massnahmen
nun zahlreicher oder weniger werden wuerde, eine gaenzlich
falsche Vorstellung, ueber die man wirklich nur lachen koen-
ne.
Weiterhin lachen solle man ueber die Mehrwertsteuer, die Ver-
sicherungssteuer, den Sparerfreibetrag, die Pendlerpauschale,
das Arbeitszimmer, den Spritaufschlag und die geldwerten
Leistungen, weil einem ja sonst sowieso nichts anderes uebrig
bleiben wuerde. Schliesslich muessen die Subventionen fuer
die Unternehmen, die man eigentlich streichen wollte, aber
nicht streichen konnte, weil sich niemand mehr im Dickicht
zurechtgefunden hatte, nicht einmal der groesste Koalitio-
naer, ja irgendwie finanziert werden.
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Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.
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Wenn viele Anleger dasselbe glauben, dann muss dies noch lange nicht bedeuten, dass es stimmt oder wahrscheinlich ist. Das Gegenteil ist oft der Fall.
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