Das „Pig Book“ von Washington
Dass die US-Regierung mit Steuergeldern äußerst großzügig umgeht, ist ebenso bekannt wie ärgerlich. Doch einmal im Jahr legen die Verbraucherschützer von Citizens Against Government Waste (CAGW) ihr „Pig Book“ vor, in dem die schlimmsten Fälle von Steuergeld-Verschwendung gelistet sind.
Die (einzige) gute Nachricht zuerst: Die Zahl der „pork projects“ – also der Projekte, für die bestimmte Beträge zweckgebunden in den Haushalt geschrieben werden – ist in diesem Jahr um 27 Prozent auf nur noch 9963 gesunken. Leider heißt das nicht, dass Washington gespart hätte: Die Summe der finanzierten Projekte ist um 6,2 Prozent gestiegen und liegt mit 29 Milliarden Dollar wieder einmal so hoch wie nie zuvor.
Das ist umso erschreckender, als die Politiker angesichts zahlreicher Pflicht-Projekte durchaus Anlass zum Sparen gehabt hätten. Immerhin müssen die USA zur Zeit nicht nur die immens teuren Kriege in Afghanistan und Irak finanzieren, sondern auch den Wiederaufbau der Hurrikan-geschädigten Küstenregionen von Louisiana und Texas.
Das ist schwierig genug, da die USA von einem Handels- und Haushaltsdefizit geplagt ist. Letzteres beläuft sich für 2006 auf 371 Milliarden Dollar, insgesamt ist Amerika mit 8,4 Billionen Dollar verschuldet. Doch diese düsteren Zahlen scheinen die Abgeordneten bei der Behandlung einiger höchst umstrittener Projekte ebenso wenig belastet zu haben wie die Verurteilungen von mehreren Lobbyisten und der steile Absturz des einstigen Fraktionsführers der Republikaner, Tom DeLay, im Zusammenhang mit Bestechung und Veruntreuung.
Zumindest ein Skandal jedoch hatte positive Folgen für den US-Haushalt: Nachdem der republikanische Senator aus Alaska, Ted Stevens, im vergangenen Jahr mit der Finanzierung einer 223 Millionen Dollar teuren Brücke vom Festland zu einer von 50 Einwohnern bewohnten Insel gescheitert war, verlor er auch bald seinen Posten als Vorsitzender des zuständigen Ausschusses. Weniger nahe an der Macht konnte Stevens seinem Bundesstaat für 2006 nur 325 Millionen Dollar sichern und damit weniger als die Hälfte dessen, was er ein Jahr zuvor abstauben konnte.
Nicht dass sich die Wähler in Alaska nun beschweren könnten: Stevens sicherte ihnen noch immer den höchsten Pro-Kopf-Betrag unter allen Staaten zu: Ganze 489,87 Dollar fallen auf jeden Bürger im hohen Norden. Auf Platz Zwei schneidet Hawaii ab mit 378 Dollar pro Kopf vor dem Stadtstaat Washington, D.C. mit 182 Dollar. Wie ungerecht die Gelder verteilt sind, zeigt ein Blick auf die Verlierer in der Haushaltsrunde: Die Bürger in Georgia bekommen mit 12 Dollar pro Kopf am wenigsten.
Noch interessanter als die ungleiche Verteilung der Gelder sind indes die absurden Projekte, für die Abgeordnete staatliche Mittel durchgesetzt haben – meist um einflussreiche Lobbygruppen im eigenen Wahlkreis zufrieden zu stellen. So gehen 13,5 Millionen Dollar an den International Fund for Ireland, der unter anderem den Welt-Toiletten-Gipfel finanziert. Mit 1 Million Dollar unterstützt man die Anschaffung von Pissoirs ohne Wasserverbrauch.
Dass nicht nur gepinkelt, sondern auch getrunken wird, weiß der Besucher eines Teekessel-Museums in North Carolina, das mit 500 000 Dollar unterstützt wird.
6,4 Millionen Dollar fließen in Untersuchungen über Holzverarbeitung, etwas mehr als eine Million bekommt Alaska jeweils zur Forschung über Waldbeeren und über Lachs – mit beidem müsste man zwischen Cugach Mountains und Yukon eigentlich schon mehr als vertraut sein.
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