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Alt 03-04-2006, 18:59   #452
Starlight
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Weitere Sorgen um GM

Aufatmen bei General Motors: Ein 14-Milliarden-Deal mit einer privaten Investorengruppe, die sich einen Mehrheitsanteil an der Finanzsparte GMAC sichert, hilft dem Automobilriesen, die laufende Restrukturierung zu finanzieren. An der Wall Street indes hält sich die Begeisterung in Grenzen, die GM-Aktie verliert 3 Prozent.

Der Grund für den schwachen Handel mit der Aktie ist in einer ganz kurzen Analyse von Moody´s zu finden. Die Kreditexperten halten nämlich an ihrem Rating für GMAC fest und sehen die Kredite des Finanzriesen ungeachtet der jüngsten Entwicklungen weiterhin auf „Müll-Niveau“. Nicht einmal weitere Abstufungen schließt man aus, General Motors stehe weiterhin finanziell unter Druck.

Das stimmt: Zwar hat der geplante Verkauf von GMAC die Schlagzeilen der letzten Wochen beherrscht. Doch zum einen ist die Finanzsparte ja gar nicht ganz verkauft, sondern nur ein Mehrheitsanteil. Entsprechend kassiert GM statt der geschätzten rund 30 Milliarden Dollar zunächst auch nur 14 Milliarden Dollar, und selbst davon einen Teil erst über die nächsten drei Jahre gestreckt.

Und zudem hat man durchaus noch andere Probleme, die sich auch mit einer nun doch anstehenden Finanzspritze nicht einfach beheben lassen. Da wäre zum einen das Hauptproblem, dass General Motors mit dem Konkurrenten Ford teilt: Für beide US-Hersteller sind die Absatzzahlen seit Jahren rückläufig. Noch zum Wochenstart stehen die neuesten Auto- und Truck-Verkaufsstatistiken an, und Experten stellen sich auf weitere Rückgange ein und darauf, dass die einheimischen Hersteller weiter Marktanteile an Toyota und andere Konkurrenten aus Asien abgegeben haben.

Und unabhängig von der Nachfrage bleibt das Problem Delphi bestehen. Sah es eine Zeit lang so aus, als hätten sich GM und der Zulieferer mit der Automobilgewerkschaft UAW über Lohnkürzungen und Entlassungen geeinigt, wurde erst Ende der vergangenen Woche ein unerwarteter Rückschritt bekannt: Delphi hat einen Richter aufgefordert, die Arbeitsverträge aufzulösen – genau was GM eigentlich hatte verhindern wollen.

Delphi hat durchaus einen Grund, die Arbeitsverträge aufheben zu wollen. Die Stundenlöhne in dem Unternehmen sind dreimal so hoch wie anderswo in der Branche, und massive Lohneingeständnisse will die UAW nicht machen. So ist ein Streik nun doch nicht abgewendet – und das sorgt GM-Investoren.

Ein Streik beim Zulieferer, das wissen Insider schon lange, könnte die Produktion bei GM still legen und das drittgrößte Unternehmen Amerikas in den Konkurs stürzen. Doch auch abgesehen vom worst-case-scenario droht Ärger mit Delphi. Selbst wenn sich ein Streik vermeiden ließe ist davon auszugehen, dass das Unternehmen einige Teile für GM nicht mehr herstellen will. Nicht alle Produkte seien produktiv, heißt es aus dem Management von Delphi, und entsprechend soll das Sortiment im Rahmen der eigenen Restrukturierung verknappt werden. – Die Restrukturierung bei GM ist damit erneut direkt gefährdet.

General Motors hat mit dem Teilverkauf von GMAC am Montag einee große Hürde auf dem Weg in einer gesunde Zukunft genommen. Es stehen aber noch weitere Hürden an, und Anleger wollen zur Zeit nicht darauf setzen, dass General Motors alle nehmen wird.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
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