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Alt 20-03-2006, 09:43   #1
nrj
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Nanotechnologie – der nächste globale Wachstumsmotor

Spezial Nanotechnologie

20. März 2006 Sonderausgabe

www.international-stock-picker.ch - info@international-stock-picker.ch

Nanotechnologie – der nächste globale Wachstumsmotor

Die Nanotechnologie erschließt uns die Welt der allerkleinsten Dinge. Ein Nanometer ist der
millionstel(!) Teil eines Millimeters. Der Durchmesser eines menschlichen Haares ist fünfzigtausend
mal größer. Vor einigen Jahren war genau diese Technologie bei Investoren in aller
Munde. Ein Paradebeispiel für die Kursentwicklung in 2002/2003 war das französische Nano-
Biotechunternehmen Flamel Technologies. Der Aktienkurs des Unternehmens explodierte um
atemberaubende 1400(!) Prozent – und das binnen 12 Monaten!
Die Nanotechnologie hat aber bisher als Anlagethema bei der breiten Anlegermasse noch
keine große Bedeutung. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen. Einerseits ist das Thema
hochkomplex und konfrontiert Anleger mit der Notwendigkeit einer zeitaufwendigen
Recherche. Nach dem letztem Crash des Technologie-Sektors verfolgen viele Anleger die
Entfaltung dieser neuen Technologie noch mit großer Skepsis. Hinzu kommt, dass
Nachrichten aus der Nanotechnologie-Branche gerade für den Ottonormalbürger schwer
einzuschätzen sind und so die richtige Auswahl bei Nanotechaktien erschweren.
Trotz positiver Unternehmensentwicklungen und hoher Wachstumsraten hat der Nanotechnologie-
Sektor nach dem ersten Hype deutlich an Boden verloren. Seit Oktober 2005 hat
das Interesse an Nanotech-Aktien aber wieder zugenommen. Der Merrill Lynch Nanotech-
Index stieg seitdem um satte 20 Prozent auf 210 Punkte, ist von seinem Höchststand bei
260 aber noch ein gutes Stück entfernt.
Der Markt für neue mikro- und nanotechnologische Herstellungsverfahren und Produkte
wächst indes rapide. In Sachen Wachstum wird die Nanotechnologie von keinem anderen
Sektor übertroffen: Sie gilt nicht nur als die am schnellsten wachsende Technologie, sondern
gleichzeitig als die Technologie mit dem größten Potenzial.
Die international tätige Unternehmensberatung Lux Research geht von einer jährlichen
Wachstumsrate von 38,5(!) Prozent aus und schätzt das Marktvolumen im Jahr 2014 auf bis
zu 2,6 Billionen USD. Die Experten von Frost & Sullivan erwarten für 2015 eine Marktdurchdringungsrate
der Nanotechnologie allein in der Automobilindustrie von 70(!) Prozent, bei
geschätzten Gewinnen von 6,46 Milliarden USD.
Vieles spricht dafür, dass die Menschheit mit der Nanotechnologie am Beginn eines
technologischen Umbruchs steht, der auch an den Kapitalmärkten nicht spurlos vorübergehen
wird. Durch den branchenübergreifenden Charakter wird die Nanotechnologie in
Zukunft jeden einzelnen Industriebereich beeinflussen.
Es gibt aber kaum Analysten, die diesen Sektor begleiten, und daher halten sich
insbesondere institutionelle Marktteilnehmer mit Investitionen weitestgehend zurück. Aber
auch hier wächst das Interesse. Anfang März 2006 gab Global Crown Capital die Auflegung
des allerersten Nanotech-Hedge- und Venture Capital Fonds bekannt. Renommierte
Investmentbanken dürften unseres Erachtens diesem Beispiel folgen. Für uns Grund genug
sich einmal etwas tiefer in die Materie einzuarbeiten und unsere Leser auf eine Reise in den
Nanokosmos mitzunehmen!
Damit Sie eine Vorstellung davon bekommen, worum es sich in der Praxis handelt und
welche Anwendungsmöglichkeiten sich durch Nanotechnologie bieten, wollen wir Sie mit
einigen Möglichkeiten und Vorstellungen konfrontieren:
Innovationen für die Welt von morgen?
Selbstreinigende Fenster, Bibliotheken am Handgelenk oder Hüftprothesen aus biokompatiblen
Stoffen? Das alles kann Wirklichkeit werden, wenn die Nanotechnologie in
unseren Alltag Einzug hält.
„Kleiner – schneller – leistungsfähiger“ lautet die Devise bei den künftigen Fortschritten der
Nanotechnologie. Mittels nanotechnologischer Forschung und Entwicklung können
Materialien hergestellt werden, die völlig neue Funktionen haben, die umweltverträglich,
energiesparend oder ressourcenschonend sind. Auf diese Weise kann es gelingen, klügere
Produkte zu entwickeln, die nachhaltig zum gesellschaftlichen Fortschritt beitragen.
Sie können beispielsweise einen Beitrag zum leisen und abgasarmen Verkehr leisten, eine
deutlich verbesserte technische Kommunikation und Information ermöglichen sowie unsere
medizinische Versorgung optimieren.
Eine Zeitreise: Alte Idee und Neue Wirklichkeit
Unsere materielle Welt besteht aus Atomen. Das hatte vor rund 2.400 Jahren bereits der
griechische Philosoph Demokrit erkannt. Ein Regentropfen enthält sage und schreibe
1.000.000.000.000.000.000.000 Atome, denn diese sind extrem winzig, ein Zehntel Nanometer
groß. Ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter.
Im siebzehnten Jahrhundert machte sich Johannes Kepler, der berühmte Astronom,
Gedanken über Schneeflocken, die er 1611 veröffentlichte: Die regelmäßige Form könne
eigentlich nur einfachen, gleichförmigen Baublöcken zu danken sein. Die Idee vom Atom
bekam neuen Glanz.
Gelehrte, die sich mit Mineralen und Kristallen beschäftigten, hielten Atome immer häufiger
für die Realität. Aber erst 1912 gelang an der Universität München ein direkter Beweis: Ein
Kupfervitriolkristall fächerte Röntgenlicht so ähnlich auf wie Regenschirmstoff das Licht der
Laterne – der Kristall musste aus Atomen bestehen, in Reih’ und Glied geordnet, wie das
Garn im Regenschirmstoff.
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Nanotechnologie – Lernen von Mutter Natur!
Die Kapuzinerkresse hält ihre Blätter mit dem so genannten Lotuseffekt sauber – und der
funktioniert so: Bei Tau oder Regen distanzieren sich die Wassertröpfchen von der Blattoberfläche.
Grund dafür ist die Nanostruktur der Blätter. Sie lässt Wasser mit hoher
Geschwindigkeit abperlen, dabei wird der Schmutz mitgerissen. Der Lotus-Effekt wird bereits
bei einer Reihe von Produkten genutzt, z.B. Fassadenfarben an denen das Wasser Schmutz
lösend abperlt oder Sanitärkeramik bleibt dank Lotusstruktur pflegeleicht.
Raffinierteste Technik im atomaren Maßstab ist auch der Photosynthesekomplex, der die
Energie für das Leben auf der Erde sammelt. Mit Sonnenenergie wird hierbei Biomasse
hergestellt. Es kommt auf jedes einzelne Atom an. Wer das nanotechnologisch kopieren
könnte, hätte Energie für alle Zeiten!
Mit Nanotechnologie an der Decke: der Gecko
Geckos können jede Wand hinauflaufen, über die Decke flitzen und mit einem einzigen Fuß
an ihr hängen bleiben. Das geht mit – natürlich – Nanotechnologie. Der Geckofuß ist mit
feinsten Haaren bestückt, die so anschmiegsam sind, dass sie sich der Unterlage über weite
Strecken auf wenige Nanometer nähern können. Dann beginnt die so genannte Van-der-
Waals-Bindung zu wirken, die eigentlich sehr schwach ist, durch Millionen von Haftpunkten
aber tragend wird. Die Bindungen lassen sich durch „Abschälen“ leicht lösen, so, wie man
einen Tesafilm abzieht. So kann der Gecko die Decke entlanglaufen. Materialwissenschaftler
freuen sich bereits auf ein synthetisches „Geckolin“. Auch Fliegen nutzen die Haftkraft
winzigster Härchen, um kopfüber zu sitzen und zu laufen.
Nanotechnologie ist also Natur pur, dennoch sind die Möglichkeiten der belebten Natur
begrenzt, sie kann weder mit hohen Temperaturen umgehen, wie Keramiker, noch mit
metallischen Leitern. Der modernen Technik stehen dagegen sehr künstliche Bedingungen
zur Verfügung – extreme Reinheiten, Kälte, Vakuum – unter denen die Materie überraschende
Eigenschaften erkennen lässt. Dazu zählen ganz besonders Quanteneffekte, die
teils in starkem Widerspruch zu den Gesetzen der Alltagswelt zu stehen scheinen.
So bekommen Teilchen im Nanokosmos zugleich Welleneigenschaften. So kann ein Atom,
das ja ein Ganzes ist, wie eine Welle zwei Spalte zugleich passieren, um hinterher wieder
nur ein Ganzes zu sein. Raumschiff Enterprise lässt grüßen!
Nie mehr Autowäsche dank Nanotechnologie?
Das könnte bald die Zukunft sein! Der Autolack könnte mit einer Lotusblattstruktur versehen
sein, die Schmutz abperlen lässt. Windschutzscheiben können mit speziellen Nanotech-
Beschichtungen kratzfest gemacht werden. Das Prinzip funktioniert übrigens schon für
Brillengläser. Bei der Klimatisierung des Autos könnten Windschutzscheiben mit Nano-
Komponenten helfen, die Licht und Wärmestrahlung mal mehr, mal weniger zu reflektieren.
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Eine solche Technik würde, auf Büroräume angewandt, sehr viel Energie einsparen helfen.
Das vom Auto benötigte Licht schließlich ist heute schon zu einem guten Teil nanotechnologisch
erzeugt: Die Leuchtdioden hochwertiger Bremslichter etwa haben – wie alle LEDs –
raffinierte, Nanometer messende Schichtsysteme in sich, die mit sehr hoher Effizienz Strom
in Licht wandeln. Ein weiteres Plus: LEDs wandeln den Strom für den menschlichen Sehsinn
praktisch sofort in Licht um, Bremslichter mit Glühbirnen brauchen etwas länger.
Die Differenz kann einige Meter Bremsweg ausmachen! Die Lackierung könnte nanotechnologisch
sogar als Solarzelle(!) ausgelegt werden. Deren Strom würde auf dem Parkplatz die
Batterie nachladen – mit konventionellen Solarzellen ist das schon zu haben – oder den
Innenraum mit einer Wärmepumpe kühl halten.
Goldkatalysator?
Nanotechnologie kann auch Gold zu einer neuen Karriere verhelfen. Während „grobes“ Gold
als Katalysator weit hinter Platin zurück fällt, geben nanoskalige Goldpartikel auf einem
porösen Träger einen brauchbaren Katalysator ab, der schon beim Kaltstart Stickoxide und
Kohlenmonoxid in harmlose Substanzen zerlegt. Goldnanopartikel sind auch ein aussichtsreicher
neuer Katalysatorkandidat für Brennstoffzellen! Natürlich würden alle diese Fortschritte
auch den Verkehrstechniken zugute kommen, die nichts mit dem Automobil zu tun
haben. Das Fahrrad etwa würde sich mit Nanotechnologie ganz ausgezeichnet vertragen, vor
allem mit Brennstoffzellen und Solarzellen, für das „Perpetuum Mobile“, das nur von Licht,
Luft und Wasser getragen lautlos über die Lande zieht, federleicht das alles durch Carbon-
Nanofaserrahmen, LED-Lichter und vieles mehr.
Gold gegen Gerüche
Katalysatoren mit Gold-Nanopartikeln werden derzeit auch als Geruchszerleger angetestet.
In Kleinklimaanlagen wie beispielsweise im Auto können sie die Geruchsbelästigungen durch
dort siedelnde Bakterien beseitigen. In Japan tun sie sogar schon in Toiletten Dienst.
Nanotechnologische Urinale dagegen funktionieren zugleich einfacher und raffinierter: Durch
den Lotuseffekt an der Beckenwand perlen die Flüssigkeiten ab, sickern durch Gold nicht nur
im Tresor, sondern als Katalysator für Stichoxyde, eine Geruchs sperrende Flüssigkeitsschicht
hindurch und verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen.
Eine Schreckensvision: ein Frühstück im Jahr 2020
Gibt es noch Kaffee? Hoffentlich schon! Und Orangensaft? Natürlich, aber an der Verpackung
könnte etwas Besonderes sein, wie eine „Elektronische Zunge“ im Inneren, die den Saft auf
eventuelles Verdorbensein vorkostet. Oder ein Sensor außen, der aus dem Schweiß der
greifenden Finger Calciummangel und andere Defizite herausanalysiert, die durch
„Functional Food“ behoben werden könnten. Der Badezimmerspiegel ist mit Nanoelektronik
gespickt, spiegelt nicht nur, sondern informiert den Morgenmuffel auf Anfrage über seinen
Gesundheitszustand. In der Zahnpasta stecken nanodimensionierte Kügelchen aus Apatit
und Protein, dem natürlichen Zahnmaterial, das dem Zahn wieder zu seiner Substanz
verhilft.
Spezial Nanotechnologie
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Ärztliche Betreuung hoch 2?
Mit Nanotechnologie, Nanoelektronik, Mikrosystemtechnik & Co. werden komplexe Analysegeräte
möglich, die auch für den Privathaushalt erschwinglich sind. Ein Piekser in den Finger
wird für die künftige Blutanalyse reichen. Stimmen die Cholesterinwerte? Liegt der Zuckerpegel
im Normalbereich? Die Befunde könnten via Internet in das nächstgelegene Nano-
Medicenter gemailt werden, wo dann eine genauere Analyse angefragt oder in Mikroreaktoren
ein ganz individuelles Medikament nanobiotechnologisch zusammengebraut wird.
Die Medizin im Körper transportieren wieder Nanopartikel, die so beschichtet sind, dass sie
nur am Krankheitsherd haften bleiben. Punktgenaue Wirkstofflieferung - „Drug delivery“,
Mit ähnlichen Kniffen lassen sich auch nanoskalige Magnetpartikel an Krebsherde lenken, die
dann den Tumor zerstören können. Nanopartikel passieren auch das „Blut-Hirn-Schranke“
genannte Filtersystem und ließen sich so auch an Hirntumore heranführen. Nanotechnologie
könnte sogar Blinde wieder sehen lassen. Der ewige Menschheitstraum vom Jungbrunnen
könnte dank eines Nano-U-Boot wahr werden. Dieses würde durch die menschlichen Arterien
schiffen und Kalkablagerungen entfernen. Die Gefahr des Herzinfarkts wäre eliminiert!
Solaranlagen schalten mit Nano den Turbo zu!
Nanotechnologie wird Solarenergie zu einer lukrativen Sache machen. Verbindungshalbleiter
aus Indium, Gallium und Stickstoff haben Kennzahlen gezeigt, die Solarzellen mit über 50(!)
Prozent Wirkungsgrad möglich erscheinen lassen. Wirkungsgrad ist aber nur ein Kriterium,
Nanotechnologie wird auch für eine drastische Verbilligung der Lichtsammler sorgen, ob
durch Dünnschicht- oder Partikeltechniken. Labormuster von Solarzellenfolien, die mit
Beschichtungstechniken ähnlich denen für LEDs und OLEDs hergestellt wurden, fahren mit
30 Gramm Substanz 100 Watt elektrische Leistung ein – eine radikale Entmaterialisierung
der Energiegewinnung, in Leipzig realisiert von Solarion.
Fünf Prozent Wirkungsgrad reklamieren Siemens-Forscher für neueste organische Solarzellen,
die sich auf Plastikfolie drucken lassen und ausgesprochen billig werden sollen.
Die photoaktive Schicht ist nur mehr 100 Nanometer dünn, die derzeit erreichten Lebensdauern
liegen bei einigen tausend Sonnenstunden. Nanotechnologie haucht vielen alten
Ideen neues Leben ein, die an der Ineffizienz der verfügbaren Materialien gescheitert waren.
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