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Alt 06-01-2006, 16:12   #396
Starlight
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Tech-Aktien im Vegas-Fieber
von Tilo Barz

Börse und Glücksspiel sind manchmal nicht weit auseinander, aber dieser Tage schauen Investoren weltweit aus anderen Gründen nach Las Vegas: Auf der Consumer Electronics Show fallen Vorentscheidungen für künftige Kursbewegungen.


Die Messe für Unterhaltungselektronik ist der weltweit wichtigste Branchentreff, und so ist es kein Wunder, dass nahezu alle Konzernlenker persönlich erscheinen, um Neuheiten und Zukunftspläne zu präsentieren. Dabei stehen nicht mehr die Auftritte klassischer "Unterhaltungselektroniker" wie Sony oder Philips im Mittelpunkt. Der Siegeszug der Digitaltechnologie hat nämlich dazu geführt, dass die Medienwelt der Zukunft eine Computerwelt sein wird und demzufolge Intel, Microsoft & Co. die aus Börsensicht spannendsten Vegas-Schlagzeilen produzieren.



Apple in der Schmollecke
Die Ironie der Geschichte will es, dass ausgerechnet der Pionier der Medien-Digitalisierung nicht dabei ist. Denn der Apple-Konzern hat seine eigene Messe, die Mac World, und verzichtet bewusst auf das direkte Kräftemessen. Noch kann er sich das auch leisten – Apple genießt bei Fans und Analysten eine Sonderstellung, die der Aktie in den letzten zwölf Monaten rund 130 Prozent Kursgewinn beschert hat. Die große Frage ist, ob iPod-Manie und Mac-Kult auch in den nächsten Jahren die immer größer werdende Konkurrenz auf Abstand halten können. So hat Samsung schon vor geraumer Zeit angekündigt, in Asien die Rolle von Apple als Nadelöhr für den elektronischen Musikverkauf übernehmen zu wollen.

Bill Gates zieht alle Register
Der nächste Angriff zielt sogar mitten ins Herz der Apple-Dominanz: Mit einer neuen Musikplattform namens "URGE" hofft Erzrivale Microsoft, viele Nutzer der Apple-Musikplattform iTunes auf seine Seite ziehen zu können. Wie so oft in der Microsoft-Geschichte dürfte das weniger durch technische Überlegenheit als nur durch die Marktmacht und technische Kniffe möglich sein. Der Schlüssel sind die mit der "MediaCenter"-Software ausgestatteten PCs, mit denen sich Microsoft gern in jedem Wohnzimmer festsetzen würde. In Las Vegas präsentierte Konzerngründer Bill Gates ein weiteres Puzzleteil für diesen Plan, nämlich das neue Betriebssystem "Vista" zur Ablösung von Windows XP. Es soll viel sicherer und leichter zu bedienen sein – beides notwendige Bedingungen, damit die Verbraucher sich wirklich mit der Idee eines Media-PCs für Fernsehen, Musik und Video anfreunden können.

Die Microsoft-Aktie kann Erfolgsnachrichten gut gebrauchen. Denn nach wie vor schuldet der Konzern noch den Beweis, dass er die erodierenden Software-Monopolgewinne durch profitable neue Aktivitäten kompensieren kann. Die Spielkonsole X-Box hat das bisher nicht ansatzweise geschafft.

Intel - die wahre Spinne im Netz
Auch für den anderen PC-Dinosaurier, den Chip-Weltmarktführer Intel, brechen mit der digitalen Wohnzimmer-Revolution neue Zeiten an. Die Aktie scheint nach mehrjähriger Seitwärtsbewegung in einen neuen Aufwärtstrend einbiegen zu können, wobei die Nachrichten aus Las Vegas kräftig unterstützen.

Denn Intels Rechnung mit der neuen Unterhaltungselektronik-Plattform "Viiv" scheint aufzugehen. Wie schon beim Centrino-Mobilchip hat der Konzern hier Hardware, Software, Standards und Zertifizierungsangebote zu einem offenbar unwiderstehlichen Gesamtpaket gebündelt. Im Stundentakt werden nun neue Kooperationen mit Herstellern von Geräten, Komponenten und Inhalten verkündet - und alles, was Rang und Namen hat, setzt anscheinend auf "Viiv inside".

In Las Vegas machte zuletzt eine Kooperation mit Google Schlagzeilen: Die Videosuche des Unternehmens soll so in die Viiv-Plattform integriert werden, dass Nutzer sie automatisch zur Verfügung haben.

Google macht mobil
Google selbst wiederum trägt sich nach Medienberichten mit Plänen für einen Billig-Internet-PC ohne Windows. Während der Suchmaschinenbetreiber das noch dementiert, ist eine Kooperation mit Motorola schon hochoffiziell: Auf den Handys des derzeit vor Kraft strotzenden Herstellers werden künftig die Google-Dienste für mobile Internet-Anwendungen installiert sein. Die Aktie, jüngst von mehreren Analysten mit neuen, höheren Kurszielen ausgestattet, eilt derweil von einem Allzeithoch zum nächsten. Sollte es Google tatsächlich gelingen, mit der Politik der vielseitigen Kooperationen Microsoft das Wasser abzugraben, wären die aktuellen Kurse von über 450 Dollar noch nicht einmal hoch gegriffen.

Yahoo steht nicht nach
Dass auch der andere Internet-Highflyer Yahoo da nicht nachstehen will, ist klar – und eine Kooperation mit Motorola-Konkurrent Nokia ist unter den gegebenen Umständen mehr als naheliegend. Also werden zunächst Nokia-Handys mit Yahoos "Go Mobile"-Diensten versehen, weitere Hersteller sollen folgen. Auch die Yahoo-Aktie hat derzeit viele Freunde. Die alten Höchststände aus dem Jahr 2000 sind allerdings hier noch weit entfernt.

Das Internet-Duell soll heute in Las Vegas einen vorläufigen Höhepunkt erleben, wenn Google-Mitgründer Larry Page und Yahoo-Chef Terry Semel ihre Präsentationsfeuerwerke zünden. Weitere Kursausschläge sind also garantiert, und etwas Spielglück können Anleger dabei durchaus gebrauchen.

Quelle: ARD online
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