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Alt 14-12-2005, 20:15   #382
Starlight
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Time Warner verkauft „Braves“

Darauf hatten Aktionäre schon lange gewartet: Time Warner trennt sich von einem Unternehmensteil, den mancher schon lange abgestoßen sehen wollte. Doch nein, man verkauft nicht etwa die Internet-Tochter AOL. Vielmehr will man die Atlanta Braves loswerden, das letzte Sport-Team des Medien- und Internetkonzerns.

Dass die Baseballer in Atlanta bald für einen neuen Herrn pitchen müssen, haben sie vermutlich Carl Icahn zu verdanken. Der Großinvestor, der seit Monaten mit Time Warner im Clinch liegt und eine Verbesserung des Shareholder Value fordert, hat sich zuletzt nicht nur für den Austausch mehrerer Vorstände und Aufsichtsräte ausgesprochen, sondern auch für eine Aufteilung des Medienkonglomerates in vier Teile.

Dass soll vorerst laut den Plänen von CEO Dick Parsons nicht geschehen. Noch bleiben Internet, Kabelfernsehen, Printmedien und die übrigen TWX-Töchter unter einem Dach. Doch mit dem anstehenden Verkauf des Sportteams samt des Fernsehsenders Turner South, auf dem die Spiele der Braves übertragen werden, bewegt man sich zumindest ein wenig auf Icahn und dessen Forderungen zu.

Dabei ist der Verkauf der Braves durchaus von Vorteil für das Unternehmen. Das Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt den Wert des Teams auf 382 Millionen Dollar, womit die Mannschaft das achtteuerste Team in der Liga wäre. In Sachen Profitabilität liegt man auf Rang sieben. Und weil die Braves sportlich zu den besseren Namen gehören, könnte der Preis durchaus noch steigen.

So hat die Mannschaft zuletzt 14 mal den in Folge den Titel in der regionalen Liga geholt, wenngleich man nur einen einzigen Sieg in der World Series verbuchen kann. Die Playoff-Bilanz ist ernächternd: Fünf vod sechs Teilnahmen an der Endrunde endeten nach der ersten Partie.

Dennoch weisen die Braves zahlreiche beeindruckende Siege auf, und dass trotz einer Kostensenkung um 20 Millionen Dollar oder 19 Prozent in den letzten beiden Jahren. Allein dieser Aspekt könnte potenzielle Käufer interessieren, glauben Experten. So wird allgemein erwartet, dass die eben erst gegründeten Washington Nationals demnächst für etwa 400 Millionen Dollar verkauft werden dürften, obwohl die Baseball-Experten bei Forbes den wahren Wert der Mannschaft auf nur 310 Millionen Dollar taxieren.

Time Warner dürfte mit dem Verkauf der Braves also deutlich besser fahren als mit dem Verkauf zweier anderer Teams: Vor drei Jahren stieß das Unternehmen auf der Suche nach Liquidität die Atlanta Hawks (Basketball) und die Atlanta Thrashers (Eishockey) ab. Bei einem Verkaufspreis von 250 Millionen Dollar blieb das Unternehmen auf Abschreibungen von 178 Millionen Dollar sitzen. Allerdings war der Sportmarkt damals schlechter: In der Eishockey-Liga kriselte es, was letztlich zu einem ganzjährigen Streik und dem Ausfall der letztjährigen Saison führte. Und dass die Medienriesen Walt Disney und Fox Entertainment Group zu der Zeit ebenfalls ihre Sportteams verkauften, hatte den Markt endgültig überflutet.

Dieser Tage sind die Preise für Sportteams gestiegen, vor allem für die Profi-Baseballer. Denen wurde jüngst neues Medieninteresse zuteil, unter anderem vom Sportsender ESPN und einem Baseball-Kanal auf XM Satllite Radio. Dazu kommen höhere Einnahmen aus der Internet- und Videospiel-Verwertung.

Time Warner kann mit seinen Braves nun also Kasse machen. Ob sich für das Team in der nächsten Saison etwas ändern wird, sei dahingestellt. Beruhigen könnte sich indes der Kampf zwischen Carl Icahn und den TWX-Bossen. Und das alleine interessiert die Anleger.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
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