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Alt 23-11-2005, 18:53   #372
Starlight
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Reise-Stress zum Truthahn-Fest

Wohl dem, der am Wochenende nicht zur Verwandtschaft durchs halbe Land fliegen muss. Oder auch nur zum Truthahn-Essen ein paar Meilen über die Autobahn. Denn zu Thanksgiving sind Straßen und Luftwege verstopft wie das ganze Jahr über nicht. Zumindest für einige Branchen ist das gut.

Zu den Tagessiegern im Mittwochshandel – einen Tag vor dem Fest und zeitgleich mit Beginn der Reisewelle – gehören die Fluggesellschaften. Angeführt von Continental und US Airways verbessert sich der ganze Sektor. Das ist umso beeindruckender, als die Branche schon seit Wochen eine erstaunlich stablie Rallye zeigt. Seit Mitte September hat sich der Branchenindex um 30 Prozent verbessert.

Während einige Analysten bereits glauben, dass die Airline-Aktien schon einen Schritt zu weit seien und eine Korrektur bevorstehe, scheint zumindest vor dem Fest alles in Ordnung zu sein. Klar: Wer will schon Airline-Aktien verkaufen, wenn der Branche das profitträchtigste Wochenende des Jahres bevorsteht?

Immerhin 21,7 Millionen Passagiere sollen über Thanksgiving in die Luft gehen, damit wird der Rekordwert vom Vorjahr noch einmal leicht geschlagen. Das Truthahn-Fest ist das Familienereignis Nummer Eins in den USA, nicht einmal zu Weihnachten fliegen annähernd so viele Amerikaner zu ihren Familien. Nun sind die Maschinen restlos ausgebucht. Wer seinen Flug verpasst, hat so gut wie keine Chance, auf einen anderen Flug umgebucht zu werden.

Einen Flug zu verpassen dürfte indes nicht das Hauptproblem der meisten Passagiere sein. Im Gegenteil: Angesichts langer Warteschlangen an den Eincheck-Schaltern machen sich die meisten schon viele Stunden vor Abflug auf den Weg zum Flughafen. Wohl dem, der sich schon kurz vor dem Feiertag frei genommen hat, um dem Ansturm zu entfliehen. Die US-Flughäfen haben schon am Dienstag durchschnittlich 2 Prozent mehr Passagiere eingecheckt als an normalen Tagen, obwohl John und Jane Doe eigentlich noch bis Mittwochnachmittag arbeiten müssen.

Für die Airlines indes lohnt sich der Stress. Nicht nur, weil die Tickets ausverkauft sind, sondern weil man auch noch höhere Preise verlangen konnte. Nach neun Preisanstiegen im vergangenen Jahr ist der durchschnittliche Inlandsflug in diesem Jahr 40 Dollar teurer als im Vorjahr, zudem sind die Feiertagspreise ohnehin deutlich höher als die Tarife an normalen Wochenenden. Dass Flugbenzin wieder billiger geworden ist, hilft den Airlines zusätzlich, zumindest einen Teil der jüngsten Verluste abzufangen.

Vom sinkenden Ölpreis profitieren indes auch all diejenigen, die mit dem Auto auf Verwandtschaftsbesuch gehen. Der Automobilverband AAA schätzt, dass über das Wochenende 37 Millionen Amerikaner auf den Straßen unterwegs sind. Dass die Gallone Normalsprit von zeitweise über 3 Dollar auf aktuell nur noch knapp über 2 Dollar gefallen ist, entlastet dabei so manchen Geldbeutel – das wiederm kommt nach Thanksgiving dem Einzelhandel zugute, der am Freitag offiziell in das Weihnachtsgeschäft startet.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
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