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Alt 04-11-2005, 19:34   #358
Starlight
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Eine schreckliche Prognose

Halloween liegt schon fast eine Woche zurück, doch an der Wall Street geht der Schrecken weiter. Diesmal kommt es nicht als gruselig funkelnder Kürbiskopf und nicht als Sensenmann im langen Gewand. Nein, ein einfacher Schrieb von J.P. Morgan ist es, der die Wall Street zittern lässt: Die Analysten erwarten Grausiges für 2006.

Nun könnte man diese Analyse ebenso abtun wie alle übrigen auch, die ja den Markt oft für nicht mehr als eine Stunde oder einen Tag beschäftigen. Immerhin: Es gibt so viele Analysten, dass sich mancher genaz bewusst übertrieben optimistisch oder pessimistisch gibt, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Allein, die Optimisten tut man ja eben nicht ab – daher ein Blick nun auf den Pessimisten der Woche.

Der Schwarzseher von J.P. Morgan heißt Abhijit Chakrabortti und ist der Analyst für den globalen Aktienhandel. Seine Prognose: Die US-Unternehmen werden in 2006 kein Gewinnwachstum sehen. Keines, überhaupt keines. Schuld daran seien die höheren Inflationsraten und Zinsen. Den Börsen stünde entsprechend ein hartes Jahr bevor.

Man erinnert sich mit Grausen an das letzte Jahr (fast) ohne Gewinnwachstum. Das war 2002, als die Unternehmen im S&P-500-Index auf die Profite gegenüber dem Vorjahr um magere 0,1 Prozent gesteigert hatten. Der marktbreite Intex brach in dem Jahr zeitweise um 33 Prozent ein, bis Ende Dezember hatte man sich auf einen Verlust von 24 Prozent gefangen. Wohlgemerkt: Im Jahr zuvor hatte die Börse, bei Gewinneinbrüchen von 18 Prozent für Corporate America, bereits 18 Prozent an Wert verloren.

Heutzutage blickt man an der Wall Street auf einen mittlerweile fast dreijährigen Bullenmarkt zurück, der mit herben Gewinneinbrüchen zu Ende gehen dürfte.

Zwar ist die Prognose von Chakrabortti nicht unumstritten. Zahlreiche Analysten halten es für arge Schwarzmalerei, Corporate America ein Null-Wachstum zu prophezeihen. Doch selbst Chakraborttis Gegner kommen nicht umhin, ihre Erwartungen niedrig zu legen. Mit einem Wachstum im niedrigen bis bittleren einstelligen Prozentbereich rechnet John Burnham von Burnham Securities.

Damit liegt er deutlich unter den noch aktuellen Schätzungen von Thompson Financial, wo man sich auf ein Gewinnwachstum von 12,6 Prozent für 2006 festlegt – und auch dieser Wert dürfte mit der Warnsaison vor Ende des vierten Quartals und möglicherweise auch im Laufe des kommenden Jahres noch gesenkt werden.

Außerden: Nach drei gigantischen Jahren mit 18 Prozent, 20 Prozent und für 2005 geschätzten 14,5 Prozent würde jeder noch so hohe einstellige Wert zu Problemen an der Börse führen.

Einige Sektoren dürften sich nach Einschätzung der Analysten allerdings besser halten als andere. Thompson Financial prognostiziert der Energiebranche ein Plus von weiteren 13 Prozent auf die durchschnittlich 50 Prozent dieses Jahres, und für die Hightechwerte hält man ein Gewinnwachstum von 17 Prozent für möglich. Unklar ist, warum ausgerechnet die Konsumartikler ein Wachstum von satten 20 Prozent sehen sollen, doch dürften diese Prognosen eben noch sinken.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
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