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Alt 03-11-2005, 21:08   #357
Starlight
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Google steht immer noch auf „Kaufen“

In der Konzernzentrale von Google muss man sich fühlen wie in einem Zwei-Fronten-Krieg. Binnen weniger Stunden haben zwei der wichtigsten Hightech-Unternehmen der Suchmaschine verstärkte Konkurrenz angekündigt, nämlich Microsoft und Yahoo. Doch der Nummer Eins im Internet ist solches längst zur Gewohnheit geworden.

So wird man sich zurücklehnen in der Chefetage und ganz gelassen anerkennen, dass sich Bill Gates und seine Software-Experten des schnell wachsenden Internet-Anzeigenmarktes annehmen wollen. Oder dass Yahoo einen Kartendienst plant, der mit technischen Feinheiten und Lokal-Suche aufwartet wie bisher nur Google Earth. Zur allgemeinen Gelassenheit wird beitragen, dass der Erfolg von Google bisher seinesgleichen sucht: Die Aktie klettert rasant, hat sich seit ihrer Einführung vor 14 Monaten um 350 Prozent verbessert und hält auf die 400-Dollar-Grenze zu.

Die Marktkapitalisierung des Online-Giganten liegt damit zur Zeit bei etwa 106 Milliarden Dollar. Damit ist Google doppelt so viel wert wie Yahoo und Ebay, acht Mal so viel wie der Online-Händler Amazon. Auch Hardware-Riesen wie Dell und Hewlett-Packard hat man hinter sich gelassen, bald dürfte Google am Netzwerkriesen Cisco vorbeiziehen. Der hat eine Marktkapitalisierung von 110 Milliarden Dollar und galt einst als erstes Unternehmen, dem Analysten – in rosaroten Zeiten – einen Wert von einer Billion Dollar prophezeiht hatten.

Etwas weiter entfernt, aber durchaus zu toppen, sind die Hightech-Schwergewichte IBM und Intel, doch pirscht man sich langsam an deren Werte heran.

Dabei stellt sich für Anleger immer mehr die Frage: Kann man Google noch kaufen. Interessanterweise ist sich die Analystengemeinde trotz des raketengleichen Aufstiegs des Nasdaq-notierten Papiers einig: Man kann!

Bei sechs Brokerhäusern steht Google in dieser Woche auf „Aggressiv kaufen“, bei weiteren 19 Häusern auf „Kaufen“. Lediglich 9 Analysten haben sich angesichts des hohen Einstiegskurses auf ein „Halten“ festgelegt. Zum Ausstieg rät nur ein einzelner Analyst.

Dieses Übermaß an Optimismus hat einen guten Grund: Experten rechnen auch bei einem Kurs von fast 400 Dollar vor, dass das Kgv von Google gar nicht so absurd hoch ist. Angesichts einer Gewinnprognose von 8,47 Dollar pro Papier für 2006 handelt die Suchmaschine mit einem Kgv von 45. Das ist knapp weniger als das Kgv von Yahoo und liegt deutlich unter den astronomischen Daten, die die Wall Street auf dem Höhepunkt der Internetblase gewohnt war.

Und dass die Gewinnprognosen nicht unbedingt zu hoch gegriffen sein müssen, zeigt ein Blick auf die vergangenen fünf Quartale: Im Schnitt übertref Google die Schätzungen jeweils um 21 Prozent.

Den Einwand, dass viele Einzelanleger angesichts des Aktienkurses von einer Anlage in Google absehen würden, lassen die meisten Analysten nicht gelten. Sicher, wer 5000 Dollar in Aktien investieren will und dafür nur zwölf Scheinchen kriegt, der wird sich lieber bei anderen Erfolg versprechenden Werten umsehen. Doch sei Google längst keine Aktie für Kleinanleger mehr. Aus dem Handelswert sei ein Wachstumswert geworden, meint Martin Pykkonen, der Google für das kleine Brokerhaus Hoefer & Arnett beobachtet. „Die Motivation hinter der Google-Anlage hat sich geändert.“

Das macht durchaus Sinn, denn schnelle Gewinne lassen sich beim aktuellen Einstiegskurs sicher nicht mehr erzielen. Die Konkurrenz von Yahoo und Microsoft oder Internet-Konglomeraten wie InterActive Corp. mache es Google künftig immer schwerer, die bisherigen Wachstumsraten zu halten, meint Scott Kessler von Standard & Poor’s, der Google auf „Halten“ hat. Dass die Entwicklung der Wachstumsraten nicht nach oben offen ist, hätten ja schon Microsoft, Dell und Cisco vor Jahren erfahren.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
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