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Alt 27-10-2005, 20:29   #351
Starlight
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Corporate America verbessert die Volksgesundheit

Mit Ideen für eine neue Personalpolitik hat sich der ohnehin unbeliebte Einzelhändler Wal-Mart wieder einmal voll in die Nesseln gesetzt. Um an der Krankenversicherung zu sparen, hatte ein Vorstandsmitglied vorgeschlagen, unfitte Bewerber einfach abzuwimmeln. Es gibt bessere Konzepte in Corporate America.

Zahlreiche Unternehmen haben bereits vor einiger Zeit damit begonnen, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu testen und einen Anreiz zur Vebresserung der körperlichen Fitness zu bieten. Das jüngste Unternehmen auf dem Gesundheitstrip kommt ausgerechnet aus der Pharmabranche: AstraZeneca hat allen Angestellten einen Fragebogen zum Thema Gesundheit zugestellt. Wer diesen nicht beantwortet hat, zahlt seit September monatlich 50 Dollar mehr für seine Krankenversicherung.

Den Mitarbeitern aber, die den Fragebogen ausgefüllt und Auskunft über Krankengeschichte, Ernährung und Lebenswandel gegeben haben, stellt man Gesundheitskonzepte zur Verfügung, die von weiteren Untersuchungen über Vitaminrezepte bis hin zu sportlichen Empfehlungen reichen. Von 12 000 Angestellten bei AstraZeneca haben bisher 10 000 den Service genutzt. Die Proteste halten sich in Grenzen, wenngleich einige Verbraucherschützer die Gefahr von Datenmissbrauch angesprochen haben.

Dass Angestellten mit einem höheren Eigenanteil bei der Versicherung gedroht wird, scheint sich auszuzahlen. Ohne drohende Folgen liege die Teilnahmerate bei Fragebögen und anderen Gesundheitsaktionen bei unter 20 Prozent, berichtet Jennifer Murphy vom Personalberater Hewitt Associates. Ein finanzieller Anreiz oder die Androhung einer Strafzahlung lasse hingegen bis zu 90 Prozent der jeweils angesprochenen Mitarbeiter reagieren – die sich nicht zuletzt selbst einen Gefallen tun.

Einen Bonus statt einer Strafzahlung nutzt der Chemie-Riese Dow Chemical zur Durchsetzung seiner Gesundheitspolitik. Die Performence-Boni zum Jahresende basiert das Unternehmen unter anderem darauf, inwiefern Angestellte gemeinsam abgesprochene gesundheitliche Ziele ereicht haben. Manche specken ab, manche gehen ins Fitnessstudio, manche hören auf zu rauchen.

Letzteres – der Verzicht auf die Kippe – ist zur beliebtesten Methode geworden, die Gesundheit von Angestellten zu verbessern. Erst im vergangenen Monat hat sich Nothwest Airlines unter den Firmen eingereicht, die Nichtraucher-Boni zahlen und Rauchern einen höheren Beitrag für ihre Versicherung abknöpfen. Das selbe Konzept hat der Bundesstaat Georgie für seine Beamten durchgesetzt. Unter den 241 000 Angestellten des Staates sind zur Zeit etwa 50 000 Raucher, die jeweils monatlich 40 Dollar mehr in die Krankenkasse einbezahlen.

Warum man sich bei Wal-Mart nicht etwas mehr mit alternativen Konzepten beschäftigt hat, ist unklar. Das Unternehmen scheint laut einem Memo ernsthaft darüber nachgedacht zu haben, Angestellte mit gesundheitlichen Problemen einfach nicht mehr einzustellen. Man solle beispielsweise übergewichtige Bewerber damit abschrecken, hieß es, dass sämtliche Positionen beim Einzelhändler ein gewisses Maß an Fitness und Bewegung voraussetzten. So sollten auch Kassierer regelmäßig die Einkaufswagen auf dem Pakplatz einsammeln, was manch übergewichtigem Amerikaner nicht leicht fallen dürfte.

Während sich also Wal-Mart wieder einmal disqualifiziert hat, zeigen zahlreiche US-Unternehmen, dass sich mit guten Konzepten die Gesundheit der Mitarbeiter verbessern lässt. Dadurch sinken Kassenbeträge und Fehlzeiten – und der Gewinn steigt.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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