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Alt 10-10-2005, 19:14   #334
Starlight
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Chancen und Risiken der Ertragssaison

An diesem Montag feiert New York den „Columbus Day“, doch ist manchem gar nicht zum Feiern zumute. Inflationssorgen, Unternehmenspleiten, Hurrikans, Milliardendefizit… würde der gute Kolumbus heute im Hafen von New York einlaufen, würde er wohl gleich wieder kehrt machen.

Nun, in dieser Woche soll sich so manches ändern. Wenigstens an der Wall Street soll es wieder aufwärts gehen – immerhin hat das vierte Quartal begonnen, und das ist istorisch gesehen das stärkste Vierteljahr, nicht zuletzt dank des Weihnachtsgeschäfts in einer zu zwei Dritteln vom Verbraucher getragenen Konjunktur.

Allein, ob das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr die Erwartungen erfüllen kann, ist höchst ungewiss. Die Sparrate der Amerikaner liegt seit Monaten bei oder unter null, John und Jone Doe sind verschuldet. Der Arbeitsmarkt ist anhaltend schwach – trotz unerwartet günstiger Zahlen in der Vorwoche –, und Katastrophen wie Katrina und Rita sowie Unternehmenspleiten und Entlassungen wie bei Delta, Delphi und möglicherweise auch bald bei General Motors werden dafür sorgen, dass so manches Weihnachtsfest in diesem Jahr bescheidener ausfällt als sonst.

Doch baut die Wall Street zunächst gar nicht so sehr auf Weihnachten – trotz all der leuchtenden Weihnachtsmänner und blinkenden Rentierchen in den Läden ist das Fest der Liebe ja noch zweieinhalb Monate weit weg. Vielmehr bauen Anleger dieser Tage auf die Ertragssaison, die am Abend mit den Quartalszahlen des Aluminiumriesen Alcoa offiziell eingeläutet wird.

Bei den Unternehmen läuft das Geschäft, die Investitionen sind anhaltend stark, so hofft die Wall Street zu hören. Doch dürften die Optimisten weit daneben liegen. Alcoa hat bereits vor einigen Tagen die Prognosen gesenkt, weitere Quartalswarnungen kamen allein in den letzten Tagen von Procter & Gamble, Northrop Grumman, Kimberley-Clark, Clorox und BP.

Auch zahlreiche andere Unternehmen haben gewarnt, manche wegen hoher Rohstoffpreise, darunter der Sesselhersteller Lay-Z-Boy, manche wegen hoher Versandkosten, manche wegen beschädigter Infrastruktur, manche wegen sinkender Nachfrage nach ihren Gütern.

So weist denn auch Standard & Poor’s darauf hin, dass die Ertragssaison ein gewisses Risiko mit sich bringt. Die Erwartungen sind hoch, es kann viele Enttäuschungen geben – und entsprechende Kursverluste quer durch alle Aktien und Branchen.

Entsprechend bauen die Analysten schon einmal vor: S&P rechnet für das dritte Quartal mit einem Gewinnwachstum von 16,4 Prozent für den marktbreiten S&P-500-Index, was schon einmal 1,4 Prozentpunkte weniger sind als noch vor einer Woche. Seither hat man die Finanz- und Energiewerte nach unten revidiert. Letztere Sparte soll immer noch ein Wachstum von 71 Prozent zeigen, die Finanzbranche nur noch 16 statt der bisher geschätzten 25 Prozent. Am schwächsten soll nach S&P-Prognosen der Materialsektor mit Chemie und Papier ausfallen, für den man mit einem Gewinneinbruch um 1 Prozent rechnet.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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