Nach Katrina kommen die Betrüger
Der Hurrikan war eine Frage von Stunden, nach zwei Tagen gaben die Deiche nach. Anhaltender als die Katastrophe selbst sind die Folgen, und auch nach Katrina machen sich zweierlei bemerkbar. Auf der einen Seite sieht man eine Welle der Hilfsbereitschaft, auf der anderen Seite scheint es jetzt die ersten Betrüger zu geben, die mit Katrina Geld machen wollen.
Am meisten Geld, das haben mittlerweile auch die Schurken erkannt, lässt sich gar nicht vor Ort machen – bei den meisten Vertriebenen ist ohnehin nichts zu holen. Lukrativer ist da der Betrug an der Börse, und vor ersten Signalen aus der Unterwelt warnt nun die Commodity Futures Trading Commission (CFTC), die Aufsicht über den Rohstoff- und Warenterminmarkt hat.
Dieser Bereich wird im täglichen Handel nur von einigen Experten verfolgt, von Ausnahmen abgesehen. Seit geraumer Zeit bestimmt der Ölpreis weitgehend den Handel, und auch der Wert der Feinunze Gold ist für den normalen Anleger immer wieder von Interesse. In den letzten Tagen indes richteten sich immer mehr Blicke auf die Warenterminbörsen: Infolge des Hurrikans an der Golfküste bewegten sich plötzlich die Preise von Importgütern wie Kaffee und Schokolade, von Exportgütern wie Mais und Soja, aber auch von allerlei anderen, teils landwirtschaftlichen Gütern. So wurde Mitte vergangener Woche berichtet, dass die Truthahnpreise nach Katrina steigen dürften, was mit einigen zerstörten Farmen zu tun hat und den Verbraucher am Thanksgiving-Wochenende belasten wird.
Das plötzliche Interesse an Warentermingeschäften scheinen Betrüger nun zu nutzen, wie die Behörden mitteilen. So seien erste Werbebotschaften – per Email, Telefon und Fax – aufgetaucht, in denen Firmen auf todsichere Gewinne im Zusammenhang mit dem Hurrikan hinweisen. Es wird für Anlagen in Öl und landwirtschaftlichen Güter geworben, was vor allem nach dem jüngsten Medieninteresse an dem Sektor manchen Investor verführen könnte.
„Sämtliche Anzeigen, in denen es um Katrina-Profite geht, sind mit größter Wahrscheinlichkeit betrügerisch“, statuiert nun die CFTC. Der Hurrikan habe den Rohstoffmarkt zwar gründlich in Schwung gebracht, er sei aber keinesfalls berechnbar geworden. Im Gegenteil: Naturkatastrophen wie der jüngste Hurrikan rufen stets Spekulanten auf den Plan, die eher für eine Destabilisierung der Märkte sorgen als für erhöhte Gewinnchancen.
Die CFTC kündigt an, Betrüger scharf zu verfolgen und zu ahnden. Gesetze hat man zuhauf in der Hand, um Bösewichte hinter Schloss und Riegel zu bringen. So ist es Brokern verboten, in ihrer Werbung die Proditabilität möglicher Investitionen zu übetreiben oder Gefahren einer Geldanlage herunterzuspielen. Genau dies dürfte aber der Fall sein, wo Beratungsfirmen das schnelle Geld dank einer Naturkatastrophe versprechen. Naturkatastrophen sind in einem Gesetz sogar spezifisch erwähnt: So ist es generell verboten, erhöhte Gewinnchancen nach solchen Ereignissen oder auf der Basis saisonaler Einflüsse oder globaler Konflikte zu versprechen.
An der Börse stößt die Behörde auf Zustimmung von allen Seiten. Tim Evans, ein Analyst beim Brokerhaus IFR Markets, lobt das Engagement der CFTC, obwohl er selbst noch nicht auf unseriöse Angebote gestoßen sein will. „Im Zweifelsfall schlagen sich viele Firmen im Gespräch mit Kunden auf die Seite eigener Profite“, erklärt er. Wer sich im Markt nicht auskenne, mache mit größter Wahrscheinlichkeit Verluste – unabhängigen Studien zufolge 85 bis 90 Prozent. „Im Warentermingeschäft lässt sich mit Brokergebühren mehr verdienen als mit der Investition direkt“, so Evans.
Dass das nicht allzu oft passiert, will die CFTC garantieren – auch jetzt, wo sich erneut Betrüger ans Werk machen. Erfolg dürfte man dabei mit einem Merksatz haben, den die Behörde genau so gerne zitiert wie zahlreiche andere Verbraucherschützer: „Wenn ein Angebot zu schön ist um wahr zu sein, dann ist es wahrscheinlich auch nicht wahr.“
Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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