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Alt 19-08-2005, 20:48   #289
Starlight
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Zuviel Jeans, zu viele Nüsse

Wenn amerikanische Medien über die US-Konjunktur berichten, sind sie meist optimistisch bis euphorisch gestimmt – abgesehen vielleicht von Geschichten rund um den Ölpreis. Allein, in letzter Zeit hört sich mancher Bericht an, als stünden USA und Wall Street die biblischen Plagen bevor.

So sollen die Märkte unter zu großen Mengen von Jeansstoff leiden, wie eine Reporterin auf CNBC neulich zu berichten wusste. Die „Denim Glut“ soll schon den Branchenriesen Jones Apparel dazu gezwungen haben, eine Fabrik zu schließen und Sonderabschreibungen über 14 Millionen Dollar zu verbuchen, um nicht gänzlich in der Flut blauer Stoffe zu versinken.

Doch nicht nur zuviel Stoff, auch zuviel Kaffee macht der Wall Street Sorgen. So seien die Preise für Arabica-Kaffee jüngst auf bedenklich niedrige Niveaus gestürzt. Was gute Nachrichten für Kaffee-Käufer wie Starbucks oder Peet’s Coffee sind, sind geradezu katastrophale Nachrichten für… ja, für wen eigentlich. Wer weiß?

Anderswo wiederum steigen die Preise, so beim Zement. Im aktuellen Boom reiche der Vorrat nicht aus, der wichtigste Baustoff werde knapp, klagt die Branche. Was tun? Bis mehr Zement angeliefert wird, könnten die Bauarbeiter vielleicht in der Sonne sitzen und Ersnüsse knabbern. Das würde ganz nebenbei das Problem der Erdnuss-Flut lösen, von der die Medien dieser Tage berichten.

Die Details aus dem Peanut-Sektor, dessen berühmtester Züchter Jimmy Carter einmal Präsident der USA war: In diesem Jahr rechnen Experten mit einer Rekordernte von 2,3 Millionen Tonnen, die zu den rund 215 Tonnen kommen, die noch aus dem letzten Jahr übrig sind. Unterm Strich stehen den Amis nun mindetens eine halbe Million Tonnen mehr zur Verfügung als für gewöhnlich gegessen werden. Wer damit ein Problem hat, sind indes nicht die Bauern, sondern der Steuerzahler. Die Regierung garantiert Erdnussfarmern nämlich einen Festpreis von 355 Dollar pro Tonne – der Anbau wird also teuer subventioniert.

Ob die US-Konjunktur nachhaltig unter der Erdnuss- oder der Jeansflut leidet, ist schwer abzusehen. Wahrscheinlich ist es nicht. Und so überrascht auch das Ergebnis einer Umfrage nicht, in dem der Wirtschaftssender CNBC wissen wollte, wovor sich Anleger am meisten fürchten: 3 Prozent klickten auf die Erdnuss-, 4 Prozent auf die Jeans-Flut. Jeweils 20 Prozent sahen in der Kaffeekrise und der Zementknappheit eine Gefahr. Eine Mehrheit von 52 Prozent hingegen fürchtet sich am meisten vor… der Dunkelheit.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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