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Alt 03-08-2005, 20:46   #275
Starlight
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Drei Streifen für Amerika

Es kommt nicht allzu oft vor, dass unmittelbar nach der Ankündigung einer Milliarden-Übernahme die Aktien beider beteiligter Unternehmen klettern. Doch am Mittwoch legen Papiere von Reebok um 30 Prozent zu und die – nicht in den USA notierten – Scheine von Adidas um 6 Prozent. Der Optimismus der Anleger ist durchaus begründet.

Schon für flüchtige Beobachter ist klar, dass sich Adidas und Reebok gut ergänzen. Beide Marken sind weltbekannt, beide haben ein eindrucksvolles Star-Aufgebot unter Vertrag, beide haben sich in den letzten Jahrfen erfolgreich im Golf-Bereich verstärkt. Ein Zusammenschluss beider Unternehmen dürfte viel einfacher sein als das bei vielen transatlantischen Mergern der Fall ist, zumal die beiden Marken in ihrer Identität erhalten und nicht einander angepasst werden sollen. So rechnet man bei Adidas bereits ab dem nächsten Jahr mit positiven Auswirkungen des Deals auf die Bilanz.

Bis zu 150 Millionen Dollar könne man jährlich an Kosten sparen, meint Adidas-CEO Herbert Hainer. Er spricht von einem „Meilenstein“ und von einer „einmaligen Gelegenheit, zwei der bekanntesten Sportmarken zusammenzuführen“. Doch das ist Merger-typisches Gerede. Dass die Adidas-Aktie im Handel einen Spurt hinlegt, ist damit noch lange nicht begründet.

Der Grund für den tiefen Optimismus auf beiden Seiten des Atlantik liegt vielmehr in einer Randbemerkung Hainers. „Eins plus eins ist drei“, meint der CEO mit Blick auf die künftige Stärke des neuen Unternehmens. Vor allem in bezug auf den amerikanischen Einzelhandel dürfte er da Recht haben. Gegenüber den großen Sport-Händlern wie Foot Locker haben Adidas und Reebok gemeinsam viel mehr Gewicht in Verhandlungen um Regalfläche. „Das ist“, meint Sport-Analyst John Horan vom Branchendienst Sporting Goods Intelligence. „wie beim Merger von Procter & Gamble und Gillette, die vor allem ihre Position gegenüber Wal-Mart ausgebaut haben.“

Sicher werden Adidas und Reebok auch gemeinsam kaum den Branchenführer Nike vom Podest stoßen, doch kommt man mit einem Marktanteil von rund 20 Prozent der Nummer Eins erstmals recht nahe. Nike hält nach Branchenschätzungen etwa 33 Prozent des auf weltweit jährlich 145 Milliarden Dollar taxierten Marktes.

Nike-Anleger sind angesichts der verstärkten Konkurrenz alles andere als besorgt. Die Aktie klettert im Mittwochshandel um 2 Prozent, nicht zuletzt wegen optimistischer Töne seitens der Analysten. Margaret Mager von Goldman Sachs meint, dass sich das Management von Adidas und Reebok für einige Zeit so stark auf den Merger konzentrieren müsse, dass man im Tagesgeschäft eher schwächeln könnte. Und auch JP Morgan glaubt, dass Adidas vielleicht mit organischem Wachstum besser beraten gewesen wäre als mit einer Akquisition – immerhin habe man ja in den USA zuletzt Marktanteile gewonnen.

Und doch scheint der 3,8 Milliarden Dollar schwere Deal zum aktuellen Zeitpunkt viel Sinn zu machen. Immerhin steht im nächsten Jahr die Fußball-Weltmeisterschaft bevor, bei der Adidas Hauptausrüster ist. Da Fußball in den USA eine Wachstumssportart ist, ist eine möglichst starke Positionierung der Marke zu einem frühen Zeitpunkt wichtig.

Auch in anderen Sportarten fallen die drei Streifen und Reebok immer stärker auf. Aus der Basketball-Liga NBA stehen Allen Iverson und Yao Ming mit dem künftig deutsch-amerikanischen Konzern unter Vertrag. Vor allem letzterer soll im Wachstumsmarkt China helfen, wo in einer aktuellen Umfrage 52 Prozent der Verbraucher Nike für die coolste Marke halten, vor 38 Prozent für Adidas und 15 Prozent für Reebok – gemeinsam liegt man also gleichauf mit dem „Swoosh“. Adidas’ Auftritt als Hauptausrüster der Olympischen Spiele in Peking 2008 könnte die Marke als Nummer Eins in Asien etablieren.

Weitere Wachstumschancen rechnet sich der Konzern derweil im Golf aus, wo man mit dem Adidas-Ableger TaylorMade und der Reebok-Linie Greg Norman gut aufgestellt ist.

Etwas abseits vom Grün sorgen derweil die Rapper Jay-Z (Reebok) und Missy Elliott (Adidas) für den richtigen Beat.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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